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Helden auf Rädern: NSU Uruguay
Stefan Warter, AUDI AG

Geiz ist steil

Als Kombis noch lange nicht Mainstream waren, wollte man in Montevideo unbedingt einen haben. Ohne wenn und aber, weswegen der NSU P10 keinen riesigen Erfolg hatte. Das Genick brachen ihm aber eher die Begleiterscheinungen.

Es war alles andere als unüblich, dass sich Importeure seinerzeit an die Hersteller mit speziellen Ideen an die Hersteller wandten, was man doch bitteschön bauen sollte. Gerade bei wichtigen Märkten wie den USA waren das meist gewichtige Stimmen, die schnell ganze Modellreihen zu Wege brachten. Oder Sportwagen. Oder limitierte Sonderserien. Was aber, wenn man der Großhändler eines nicht ganz so wichtigen Marktes einer nicht ganz so wichtigen Marke ist? Dann muss man einfach selber kreativ werden.

Man sollte vielleicht noch dazusagen, dass das vor mehr als einem halben Jahrhundert auch noch wesentlich leichter war, selbst auf die Schnelle eine neue Karosse zu zaubern. Quintanar war der NSU-Importeur für Uruguay zum Beispiel, und da erkannte man schon früh, dass die Prinz-Modelle zwar super sind, aber der hiesige Käufer doch lieber mehr Platz möchte. Also: Kombi. NSU selbst hatte nicht die Kohle und schon gar nicht die Motivation, hier selbst etwas zu entwickeln. Schließlich steckte man damals gerade in einer riesigen Krise. Neue Modelle wie der Ro80 liefen nicht so wirklich, man wollte die Kohle lieber beisammenhalten. Also beauftragte Quintanar die Firma Nordex S.A. in Montevideo damit, eine eigenständige Karosserie auf Basis des Prinz 4 zu bauen. Die schickte man 1969 anschließend nach Neckarsulm ins Werk, aber nicht nur, um sie grundsätzlich überprüfen und zum fahrfertigen Prototypen aufbauen zu lassen. Der serienmäßige Zweizylinder erschien den Machern auch als zu schwach. Viel lieber wäre ihnen der Vierzylinder aus dem 1000er-Modell.

Die Techniker an der Neckar waren ein wenig irritiert, als sie über die deutlich längere Karosserie drübergingen. 21 Zentimeter mehr Radstand schön und gut, aber ein ruhigeres Fahrverhalten ist schließlich nicht alles auf der Welt. Vor allem die Verarbeitung wurde sehr kritisch gesehen, dazu der bemitleidenswerte Fahrkomfort, die geringe Geräuschdämmung – es war also eher ernüchternd, was alles nicht passte. Vor allem aber machte es gehörige Probleme, den großen Motor einzupflanzen. Das gelang nicht ohne gröbere Kunstgriffe und streng genommen musste man vom großen Kofferraum so viel Platz opfern, dass die ganze Kombi-Idee ad absurdum geführt wurde. Aber der Kunde bestand auf die Power, also bastelte man so lange herum, bis der Vierzylinder Platz fand und der TÜV der neuen Konstruktion, die offiziell schlicht P10 hieß, ihren Segen gab. Zu einem nicht wirklich passenden Zeitpunkt.

Während der neue Wagen nämlich auf dem Autosalon in Urugay 1970 präsentiert wurde, ging NSU daheim in Deutschland gerade an VW und firmierte mit Audi. Neue Modelle wie der K70 oder der K50 kamen schon nicht mehr als NSU auf den Markt, es war also nur mehr eine Frage der Zeit, bis sich der Traditionshersteller aus nicht sehr erfolgreichen Märkten zurückziehen und die alten Modelle ganz auflassen würde. So ist es kein großes Wunder, dass der P10 nach gerade einmal rund 100 Stück im Jahre 1971 schon wieder eingestellt wurde. Oder sagen wir: Eingestellt werden musste, denn es fehlte nicht nur am Nachschub an Teilen für die seinerzeit bereits maßlos überaltete Heckmotortechnik. Sondern überhaupt an der gesamten Firma, die aufhörte zu existieren. Und dennoch: Der südamerikanische Markt sollte das Konzept des luftggekühlten Heckmotorkombis doch noch vernünftig auf die Straße bringen, denn nur zwei Jahre später legte VW in ihrem Werk in Brasilien den Brasilia auf – mit exakt diesem Layout.

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