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Helden auf Rädern: Opel Kadett Impuls
Stellantis

Der Saft des frühen Blitzes

Viele Hersteller probierten schon vor einem halben Jahrhundert, normale Autos zu elektrifizieren. Opels Ansatz beim Kadett Impuls war dagegen schon einen Schritt weiter.

General Motors und Opel, das war immer so eine verzwickte Sache. Auf der einen Seite des großen Teichs der Autoriese, steinreich dank Millionen an jährlich verkauften Modellen. Auf der anderen die feine Manufaktur des Adam Opel, stets experimentier- und abenteuerfreudig. Schon vor der Übernahme gab es Ideen, Autos alternativ – sogar mit Feststoffraketen – anzutreiben. Nachdem Opel Senior in keinem seiner Nachfahren aber das Potenzial sah, die Bude vernünftig weiterzuführen, veräußerte er sie schließlich an den Höchstbietenden. Das war eben GM.

Ab da an war die Innovationsfreude in Rüsselsheim ein wenig gedämpft, da von ganz oben nun ein neuer Fahrplan vorgegeben wurde: Eroberung des europäischen Marktes, da braucht es vor allem preiswerter Einheitsware. Und echte Vorausentwicklungen? Erledigte man lieber daheim in Detroit. Dort gab es dann in den 1960ern auch tatsächlich bereits zwei interessante Ansätze: Der Stir-Lec 1 und der XP-883 waren jeweils Hybride, wobei nur der E-Motor direkten Zugriff auf die Antriebsachse hatte. Die Verbrenner (einmal ein Stirlingmotor, später ein Zweizylinder-Benziner) dienten nur dafür, die Akkus im Fall der Fälle mit Strom zu versorgen. Der Fahrer konnte sogar schon umschalten, ob er rein mit Strom oder im Mischbetrieb unterwegs sein wollte und bei Geschwindigkeiten von weniger als 16 km/h (das typische Stop-and-Go im amerikanischen Stoßverkehr) liefen die zwei Versuchsträger, die jeweils auf einem Kadett Coupé (etwas ähnlich Leichtes gab es im US-Baukasten nicht) basierten, rein elektrisch. Alles cool und gut gemeint, zu Zeiten vor der ersten Ölkrise aber eher als Gruß aus der Entwicklungsabteilung zu verstehen, denn als ernstgemeinte Vorausentwicklung – vor allem im Land der Achtzylinder und Pick-ups.

Viel konnte (oder durfte) man da am Rhein nicht entgegensetzen. Zwar gab es 1971 mehr oder weniger ernsthafte Versuche mit einem umgerüsteten Opel GT, 100 Kilometer nur mit Batterie-Power abzuspulen, was zu der Zeit mehr als ambitioniert war. Nur spielte die Technik seinerzeit noch nicht so ganz mit, nach 44 Kilometern waren die verbauten Bleiakkus komplett ausgelaugt. Einen anderen Rekord konnte Georg von Opel, seines Zeichens Enkel des Firmengründers mit dem E-GT aber einheimsen: 189 km/h, so schnell war sonst kein anderer Stromer zu jener Zeit.

Opels Blütezeit in den 1980ern verschaffte der Tochter in Good old Germany dann aber doch die lang ersehnte Bewegungsfreiheit, den eigenen Gedanken ein wenig Raum zu lassen. Man war tatsächlich wieder wer, denn Kadett, Ascona, Corsa und Vectra schafften es, den Gesamtkonzern über die knappen Jahre zu bringen, als Detroit langsam vor die Hunde ging. Und wenn man schon fürs Essen auf dem Tisch sorgt, dann darf man sich dann auch ein wenig mehr in künftige Konzepte einmischen, und das tat man 1990 dann auch mit einem überaus bemerkenswerten Ansatz.

Der Kadett Impuls sollte nicht einfach nur ein weiterer Versuchsträger sein, dem man viele Batteriezellen für wenig Reichweite einpflanzte. Eher wollte man zeigen, wie ein vollwertiges, alltagstaugliches und vor allem leistbares und leichtes Elektroauto aussehen könnte. Hilfe suchte man sich dafür einerseits beim deutschen Stromriesen RWE sowie beim französischen Batteriehersteller Saft, denn mit den prähistorischen Bleimodellen des Mitbewerbs wollte man gar nicht erst anfangen. So kamen seinerzeit brandaktuelle Nickel-Cadmium-Zellen mit 14,3 kWh Speicherkapazität zum Einsatz, die bereits über einen flüssigen Elektrolyt verfügten und ihre Leistung an einen 16 kW starken Gleichstrom-Motor mit 100 Volt Betriebsspannung abgaben. Die anberaumten 80 Kilometer Reichweite und 100 km/h Höchstgeschwindigkeit waren auch für damalige Verhältnisse jetzt nicht der große Knaller. Der Clou war eher, dass die Akkus verhältnismäßig bescheidene 310 Kilogramm auf die Waage brachten, nur 170 Liter an Volumen wegknabberten und nach nur fünf Stunden an einer 220-Volt-Dose wieder voll aufgeladen waren. Eine schlaue Verteilung der Zellen auf Motor- und Kofferraum sorgte zudem für eine ausgewogene Gewichtsverteilung.

Alles in allem also ein Konzept, das bei wenig Gutem Willen durchaus in den Alltag zu integrieren war, zumal der Wagen bereits die Kunst der Rekuperation beherrschte und in dieser Kombination gerade Mal rund eine Tonne auf die Waage brachte. Schließlich ging es hier nicht darum, Rekorde aufzustellen. Schon damals fuhr kaum jemand mehr als 40 Kilometer pro Tag, schon gar nicht in der Stadt. Das Konzept des Impuls war also mehr als zeitgemäß. Es gab genügend Platz für vier, der Kofferraum lag mit 330 Litern (Serie: 390) immer noch im brauchbaren Bereich und auch die Zuladung von 490 Kilogramm gab keinen Anlass zu meckern. Zehn Sekunden für den Sprint auf 50 km/h ist eigentlich auch OK, genauso wie die Klettertauglichkeit von bis 25 Prozent. Ebenso die äußere Erscheinung: Bis auf den Schriftzug sieht der Impuls aus wie ein stinknormaler Kadett, erforderte also keinerlei Umstellung und – so ehrlich muss man sein: Viel temperamentvoller war ein 60-PS-Benziner, der damals gerne gekauft wurde, jetzt auch nicht.

Eine Chance auf Serienproduktion gab es aber nie. Eher zeigte sich, dass man für eine mögliche Kleinstserie etwas auf die Kosten schauen müsste, weswegen der Impuls II – dann schon auf Astra-Basis – nur mehr Bleibatterien an Bord hatte. Beim Impuls III, der auf dem Astra G aufbaute, wagte man sich dann sogar schon an einen Flottenversuch auf Rügen und rund um Maastricht heran, zu mehr sollte es aber auch da dann nicht mehr kommen. Denn der Diesel galt in dieser Epoche als der Umsatzmacher. Und nachdem GM langsam wieder erstarkte und die deutsche Tochter zunehmend in finanzielle Schräglage geriet, ließ man lieber nur mehr die Dinge entwickeln, die schnell viel Kohle versprachen.

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