
Helden auf Rädern: VW Öko-Polo | 21.01.2025
Zweierlei Reibwerte
Viele technische Neuerungen sind älter als sie scheinen. Oft ist die Zeit aber einfach noch nicht reif dafür, weswegen ambitionierte Technik oftmals in der Schublade verschwindet. Der Öko-Polo zeigt aber, dass ein wenig Abwarten auch Vorteile haben kann.
Es ist eigentlich seit der ersten Ölkrise ein Thema, das die Industrie und Kundschaft wohl nie mehr loslassen wird: Möglichst wenig Sprit konsumieren – und wenn schon nicht für die Umwelt, dann zumindest für den eigenen Geldbeutel. Bei VW gab es Ende der 1970er natürlich schon Dieselmotoren, durchwegs lahme Sauger, später dann immerhin auch mit Turbo und heißen 70 PS. In den Achtzigern aber kam schnell die Erkenntnis, dass es in Zukunft wohl noch mehr geben müsste. Oder besser gesagt: weniger.
So gab es eine simple Idee: Man nehme den 1300er-Vierzylinder-Vorkammerdiesel, halbiere die Zylinderanzahl und füge die damals brandneue Direkteinspritzung hinzu. Natürlich sollte das neue Aggregat aufgeladen werden, damit man nicht schon auf der Landstraße verhungert. Nicht aber einen schnöden Turbolader, sondern eine eigene Entwicklung, die gerade in der Entwicklung war: der G-Lader. Als Basisauto konnte nur der Polo in Frage kommen. Klein, leicht, und irgendwie als Kleinwagen noch gesellschaftlich vertretbar, ihn als Zweizylinder zu akzeptieren. Fehlte nur mehr die technische Umsetzung.
Die brutalen Vibrationen des halbierten Motors mit nicht einmal 900 Kubikzentimetern bekam man recht schnell in den Griff. Eine Ausgleichswelle sorgte für innermotorisches Gleichgewicht des ohnehin schon hart laufenden Selbstzünders. Aber die Direkteinspritzung brachte ungewohnte Probleme. Kolben verglühten regelmäßig im Versuch, da der Sprit wie ein Schneidstrahl in die Brennräume einschlug. Aufwändige Forschung musste betrieben werden, damit der Diesel drallförmig eingespritzt werden konnte und der Zweizylinder immerhin funktionierte. Mit einem hämmernden Lauf musste man aber dennoch leben, aber von Dingen wie Pumpedüse oder Common Rail war man seinerzeit noch weit entfernt.
Das Ergebnis? 27 PS stemmte der D.I-G40 bei moderatem Einsatz des Gaspedals. Erst wer dieses stärker durchdrückte, aktivierte über eine Magnetkupplung automatisch den G-Lader, der die Power auf 40 Pferde anhob. Klingt nicht mächtig, reichte aber aus für 132 km/h Spitze – für ein ausgewiesenes Sparmodell mehr als ausreichend. Vielleicht lag es daran, dass es vom Forschungsbudget kaum mehr Kohle vorhanden war, oder man wollte die realistische Einsetzbarkeit besonders hervorheben, jedenfalls steckte man die ausgeklügelte Technik nicht in eine besonders stromlinienförmig geformte Variante des Polo, sondern nahm völlig serienmäßige Steilhecks dafür. Das lange Heck verbesserte zumindest ein wenig den cW-Wert im Vergleich zum Coupé, und eine winzige Frontlippe soll ihr übriges tun. Und das taten sie: An die drei Liter sollten diese Polos verbrauchen, wenn überhaupt. Rekordfahrten mit gerade einmal 1,7 Liter Schnittverbrauch wurden absolviert und als letztes fehlte eigentlich nur mehr ein groß angelegter Feldversuch.
Tatsächlich liefen um 1990 herum 50 bis 75 Exemplare (so genau weiß man das nicht mehr) des Sparpolos in Berlin bei gemeinnützigen Organisationen, um Erfahrungen aus dem Alltag zu sammeln. Heraus kam dabei zum Beispiel, dass der harte Motorlauf sogar Getriebeschäden herbeiführen kann. Oder dass die Leistung für die alltäglichen Wege durch das Großstadtdickicht ausreicht. Vor allem aber, dass der Gedanke an eine Großserie wohl schnell wieder vergessen werden sollte, denn die Technik war teuer, etwas komplex zu servicieren und nicht einfach am Laufen zu halten.
Damit man zum Beispiel die Stickoxide reduzieren konnte, gab es bereits eine kennfeldgesteuerte Abgasrückführung, die aber nur dann funktionierte, wenn man Eisenoxyd – gespeichert in einem zusätzlichen Gefäß – zusätzlich einspritzte. Und dieses Eisenoxyd nachzufüllen, war dann doch etwas zu tricky, zumal die Lärmbelästigung trotz aller denkbaren Bemühungen nie ganz in den Griff zu bekommen war. Man dämmte schon den gesamten Motorraum mit Schaumstoff, führte sogar die Ansaugluft durch labyrinthartige Kanäle, um möglichst leise zu arbeiten, dennoch war der hart schlagende Motorlauf dann wohl doch das schlagendste Argument, die gewonnenen Erkenntnisse künftig lieber bei den Vierzylindern einzusetzen, woraus dann all die TDIs entstehen sollten. Und der Polo? Der lief noch bis Mitte der 1990er ab Werk mit einem Vorkammer-Saugdiesel vom Band.