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Helden auf Rädern: Buick Century Turbo Coupe

Der fliegende Truthahn

Wenn zwei Konzepte nicht funktionieren, nutzt es auch nicht, diese zu kombinieren. Eine Erfahrung, die Buick mit dem Century Turbo Coupe machen musste, der nicht zum rasenden Falken sondern eher zum flügellahmen Gockel wurde.

Wer mit Buick nicht so sehr vertraut ist: Die Marke mit dem Falken im Markenlogo stand im letzten Jahrtausend für solide und innovative Technik, robustem Design und hoher Qualität. Vieles, was Buick erfand, wanderte Jahre später in andere Produkte von Eigner GM, und die typische Buick-Kundschaft war nicht nur loyal, sondern schätzte auch den nüchternen Zugang zum Thema Mobilität: Es muss funktionieren, und das möglichst gut und möglichst lange.

Der Wandel, den die US-Autoindustrie nach der Ölkrise 1973 durchlaufen musste, war für Buick überraschenderweise auch kein Thema. Man konzentrierte sich auf kleinere Modelle wie zum Beispiel den Regal, und die Käufer griffen gerne zu. Die technische Verspieltheit der Ingenieure und auch der Chefs (ehe GM auch hier einmal hart durchgriff) führte aber oft auch zu grandiosen Fehlgriffen. Der Century zum Beispiel war mit seinem glatten Heck vielleicht futuristisch, kam aber überhaupt nicht gut an. Und auch dass die Techniker den V6-Motoren einen Turbo verpassen durften, brachte vielleicht ein paar Enthusiasten zum verzücken, sicher aber nicht die Buchhalter. Was also tun? Etwas, dass völlig logisch klingt: Man vereint einfach die zwei unerfolgreichen Konzepte.

Das Century Turbo Coupe war ¬– wenn man gehässig sein möchte ¬– also ein Bauchfleck mit Anlauf, aber das wäre eigentlich unfair, wenn man erst einmal die komplette Geschichte kennt. Zuerst einmal war die grundsätzliche Idee, Buick anders zu positionieren. Weg von konservativer Solidität, hin zu qualitativer Sportlichkeit. Der Century hätte also eine Art technologische Speerspitze werden sollen, der die Kundschaft zu den Händlern treibt. Jedenfalls sollte sich die Toptopversion anders fahren als jeder andere Buick bevor, und das tat er auch.

Es gab sogar ein Handling-Paket mit deutlich steiferen Federn und dickeren Stabis, dazu noch breitere Reifen. Und dann noch der Auspuff – mit viel Liebe zum Detail so entworfen, dass er poppt und pengt und dennoch die gesetzlichen Auflagen erfüllt. Auch wenn der damalige Entwicklungsleiter meinte, dass er den Wagen lieber nicht noch einmal den Behörden vorführen wollen würde. Wir haben es hier also mit einem Schaustück des damals technisch Möglichen zu tun, einer Art Gruß aus der Entwicklungsabteilung, von dem man schon ahnte, dass man keine großen Stückzahlen wird absetzen können. Und so sollte es dann auch kommen.

Um von den oft potenziellen Enthusiasten wirklich wahrgenommen zu werden, hätte es noch mehr an Refinement benötigt, doch war das unter den strengen Augen der GM-Finanzabteilung dann doch nicht möglich. So gab es zum Beispiel kein passendes Schaltgetriebe im Teileregal, also musste die lahme Automatik herhalten. Nicht einmal ein Drehzahlmesser fand sich im Armaturenbrett, einfach allein aus dem Grund, weil es kein passendes Serienteil gab – und zum Homologieren einer komplett neuen Tachoeinheit fehlte es schlicht am freigegebenen Budget. Das Turbo Coupe hätte es also wirklich zu etwas bringen können, aber nicht mit den erlaubten Möglichkeiten.

Ganz Aus war es dann, also der damalige Buick-Oberboss zu Chevrolet wechselte und somit die schützende Hand für derlei Projekte außer Reichweite war. Für Turbomotoren war es Ende der 1970er einfach noch nicht soweit. Und in einem Century wollte das sowieso niemand wirklich haben. Nur kurze Zeit später übernahm General Motors dann sicherheitshalber die komplette Kontrolle über Buick, damit nicht wieder so ein fragwürdiger Alleinlauf passieren konnte. Und dennoch war die Operation langfristig gesehen ein Erfolg. Modelle wie der Regal Grand National oder der GNX lassen sich alle von diesem ersten Turboversuch ableiten, die heute allesamt horrende Sammlerpreise erzielen. Und Buick selbst? Die ereilte das gleiche Schicksal wie alle anderen unter dem GM-Schirm: Identische Großserientechnik, nur anders verpackt.

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