CLASSIC

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter
Helden auf Rädern: Zunder 1500

Liebesgrüße aus Stuttgart

Wenn ein Auto einen so feurigen Namen trägt wie der Zunder, dann muss schon was dahinterstecken. Bei der Technik ließ man sich definitiv nicht lumpen. Eher schon bei den Ansprüchen der argentinischen Kundschaft.

Roland Scharf

Die späten 1950er-Jahre waren in Argentinien so etwas wie ein industrielle Erwachen. Es ging bergauf, Südamerika war eine der Sehnsuchtsregionen und auch viele Firmen meinten, dort den großen Reibach machen zu können. Und was braucht eine aufstrebende Gegend? Richtig, Fortbewegungsmittel, und so bildete sich in der Region Cordoba ein regelrechtes Cluster aus ausländischen Konzernen. Viele versuchten ihr Glück, Kaiser aus den USA zum Beispiel, oder Renault. Auch Volkswagen siedelte sich dort an und ist bis heute aktiv. Sogar Borgward wollte vor Ort Fuß fassen und schickte Bausätze zur finalen Montage in die Pampas. Ja und dann gab es noch die Gebrüder Bongiovanni. Die wollten nämlich etwas komplett eigenes auf die Räder stellen.

Die Industrias del Transporte Automotor schaffte dies aber nicht ganz ohne ausländische Hilfe. So klopfte man gleich bei Porsche an, die tatsächlich bereit waren, den Antriebstrang des 356 herauszurücken. 57 PS bei 1,5 Liter Hubraum waren 1960 schon eine ziemliche Ansagen, sodass man sich als Markennamen auch etwas passendes überlegte: Zunder! Auf Deutsch hieß der Wagen also Funke 1500, wobei man das Feuer im Heck bei dem grundsätzlichen Layout eher nicht vermutete. Man startete nämlich recht konservativ mit einer zweitürigen Limousine, die optisch eher unbeholfen als sportlich wirkte. Die psychodelisch angeordneten Scheinwerfer und die verkehrtherum angeschlagenen C-Säulen ließen den Zunder definitiv aus der Masse hervorstechen, wobei man zumindest sagen kann, dass dank der überdimensionierten Windschutzscheibe die Rundumsicht tadellos gewesen sein muss.

Natürlich war das noch nicht alles. Man plante auch eine Coupé-Version, die vermutlich der Technik besser zu Gesicht gestanden hätte, doch so weit sollte es nicht mehr kommen. Die grundsätzlichen Bedürfnisse der Kundschaft, die nicht wirklich für Hochgeschwindigkeitsläufe ausgelegten Straßen Argentiniens und zuletzt das straffe Budget vieler sorgten dafür, dass der Zunder nicht wirklich ein durchschlagender Erfolg wurde. Gerade einmal 143 Stück verließen die Werkshallen, wobei man wirklich alles versuchte, um auf sich aufmerksam zu machen. Zum Beispiel bewarb man ganz offensiv die Zuffenhausener Pferdestärken, die unter dem GFK-Kleid schlummerten. Dass es 1963 jedenfalls schon wieder vorbei war, lag am Problem, mit dem viele Kleinstserienhersteller vor dem Internet zu kämpfen hatten. Für ein Händler- und Servicenetzwerk fehlte das nötige Kleingeld. Und das, was man an den Autos verdiente, reichte gerade einmal für die Liquidation zum Schluss.

News aus anderen Motorline-Channels:

Helden auf Rädern: Zunder 1500

Weitere Artikel:

Was ist besser?

Oldtimer mieten oder kaufen

Ob als stilvolle Begleitung für besondere Anlässe oder als Ausdruck von Individualität im Alltag – es gibt zahlreiche Autofahrer, die gern einen Oldtimer wählen.

Gleich, aber nicht

Helden auf Rädern: VW Mitra

Dieser VW Transporter ist kein VW Transporter. Oder zumindest nur teilweise. Jedenfalls nicht so, wie man es anhand der Optik vermuten würde. Eine wirre Geschichte, die nicht lange gutgehen konnte.

Kleiner Bruder, das Luder

Helden auf Rädern: Renault 6

Plattformübergreifende Entwicklungen waren schon in Mode, bevor sie wirklich in Mode kamen. Im Falle des Renault 6, brachte das Gleichteileprinzip aber fast mehr Nach- als Vorteile mit sich.

Als Kombis noch lange nicht Mainstream waren, wollte man in Montevideo unbedingt einen haben. Ohne wenn und aber, weswegen der NSU P10 keinen riesigen Erfolg hatte. Das Genick brachen ihm aber eher die Begleiterscheinungen.

Wenig Auto, viel Design für viel Geld – eine Idee, die hätte funktionieren können. Die Optik eines Bonsai-Mercedes war für den Gurgel XEF dann aber doch zu wenig.

Selten lag die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn so nahe beinander wie beim Fiat Multipla. Da passt es nur gut, dass ihm sogar ein Leben nach dem Tod vergönnt war. In China. Als Elektroauto.