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Die Katze in der Löwengrube

So erfolgreich und dennoch ein so großer Misserfolg. Beim Jaguar X-Type zeichnete sich Ford besonders aus. Dabei sah auf dem Papier alles eigentlich nach einem programmierten Erfolg aus.

Roland Scharf

Die Idee vom Weltkonzern – etwas, von dem jeder Manager insgeheim träumt. Dabei ist es egal, dass es schon genug Beweise gab, dass diese Vision nur für das eigene Ego erstrebenswert ist, in der Praxis aber ein paar Nachteile mit sich bringen könnte. In der Autowelt waren es immer wieder die Amis, die probiert haben, mit nur einem Modell quasi auf der ganzen Welt erfolgreich zu sein, was aber nie funktionierte. Außer man modelte das Auto so sehr um, dass man gleich ein neues hätte bauen können. Jedenfalls gab es vor 20 Jahren wieder einmal so eine Phase, wo man sich weitgehend unfehlbar einstufte und Ford erstaunliche Schachzüge durchführte.

Unter der Premier Automotive Group (PAG) fasste man alle coolen Marken zusammen. Da waren Volvo, Aston Martin und Land Rover genau so dabei wie Jaguar. Und generell sah man allerorts den Erfolg ausschließlich in der Expansion. Für einen ausgewiesenen Luxushersteller wie Jaguar bedeutete das natürlich automatisch: Orientierung nach unten. Einstieg in einen Massenmarkt, wo man jedenfalls Null Erfahrung hatte, und wo bereits zahlreiche Konkurrenz lauerte.x

Macht nix, beruhigte die Mannschaft aus Dearborn, ihr müssts eh nicht alles selber machen, im Gegenteil. Die Buchhalter haben da schon einen tollen Plan ausbaldowert, und spätestens hier begannen die Vollbluttechniker sich innerlich zu verkrampfen. Ford plante nämlich das, was sie bei der Erweiterung eines Produktportfolios immer machten: Bestehende Technik einfach ummünzen. Das funktionierte etwas beim Volvo C30 oder V50 (Focus-Basis) oder dem Aston Martin DB7 (Jaguar XJS-Basis) ja noch recht gut, weil man sich immer im gleichen Segment aufhielt. Aber bei einem kleinen Jaguar für die Massen? Skepsis war also durchaus angebracht – denn eine passende Plattform gab es nicht wirklich.

Das hat schon so oft funktioniert, argumentierte man in Amerika, es kommt nur auf die richtige Verpackung an. Ein tatsächlich erfolgreiches Vorgehen, wenn man sich die Geschichte des nordamerikanischen Fahrzeugbaus so ansieht. Plattformen hielten teils über Jahrzehnte, auch der ewig junge Mustang war technisch gesehen ein alter Hut – aber fesch. Also klappt das sicher auch bei Jaguar. Das Problem war aber nicht nur die Macht der Buchhalter. Sondern auch, dass nicht die Briten selbst das Design übernahmen. Sondern die Amis selbst – und das zeichneten, was sie sich unter einem echten englischen Auto vorstellten. Gerade dass der offene Kamin und ein Bild der Queen nicht auch noch eingebaut wurden. Aber anstatt der Markenlinie treu zu bleiben, schick aber innovativ zu sein, besonn man sich auf traditionelle Werte und touristische Vorurteile – so wie wenn McDonalds Black Pudding zubereiten würde.

Ja und dann kam es zur Technik. Man wählte den Mondeo als Ausgangsbasis, weil ja eh in Europa gebaut, und daher preiswert adaptierbar. Mit dem Frontantrieb war man bei Jaguar natürlich nicht sehr glücklich. Also sollte es gegen Aufpreis zumindest Allradantrieb geben, was aber nur die Plattform jener Mondeo-Generation ermöglichte, die anno 2000 gerade abgelöst wurde. Man musste also nur zum Ford-Händler taumeln, um ein wesentlich moderneres Auto zu einem wesentlich moderateren Preis zu bekommen. Dass es zu Beginn weder Kombi noch Diesel gab, war in Anbetracht dieses programmierten Desasters echt schon wurscht, der X war von Beginn an eigentlich hoffnungslos.

Man darf sich also nicht wundern, warum die betuchte Klientel lieber zur deutschen Konkurrenz griff. Platz, Komfort, Leistung, Stil – es gab nichts, wo der kleine X-Type punkten konnte. Auch die hastig eingeführten Diesel und dann 2002 auch noch der Kombi änderten leider nichts am grundsätzlichen Problem des misslungenen Gesamtkonzepts. Da man zum Schluss mit wahren Schleuderpreisen argumentierte, gelang der ehemaligen PAG aber dennoch ein Meisterwerk: Mit 362.000 Stück wurde der X-Type der meistgebaute Jaguar aller Zeiten. Da man aber mindestens 200.000 Stück pro Jahr hätte absetzen müssen – nicht nur 70.000 – zahlte Ford pro Fahrzeug fast 5.000 Euro drauf.

Dass der Wagen dennoch acht Jahre im Programm blieb, mehr als 300.000 Mal gebaut wurde und Millionen an Verlust einfuhr, liegt wohl auch an der Behäbigkeit eines derartig großen Konzerns. Bis da wirklich jemand nachgerechnet hat, war es vermutlich schon zu spät. Im Endeffekt endete die Sache damit, dass Ford die Premier Automotive Group komplett auflöste. Volvo ging nach China, Land Rover und Jaguar nach Indien – blieb also zumindest im Common Wealth. Und der X-Type? Den verleugnet man dermaßen, dass man auf den offiziellen Jaguar-Seiten kein einziges Bild mehr davon findet.

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