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Helden auf Rädern: Audi 100 Avant

Schräg lass nach!

Dass die neue A5 Limousine eine mitaufschwenkende Heckscheibe hat, mag für Audi neu sein. Vor 50 Jahren gab es diesen Ansatz beim 100er aber schon einmal – nur nannte man das Konzept damals noch stolz Avant.

Roland Scharf

Manchmal können einem Autos schon irgendwie leid tun. Zum Beispiel die zweite 100er-Baureihe von Audi. Nicht nur, dass man sich endlich vom Daimler-Einfluss deutlich absetzen wollte (vor der VW-Übernahme gehörte Audi nämlich zu Mercedes), auch hatte der neue Wagen die glorreiche Aufgabe, gleich mehrere Modelle aus dem VW-Universum ersetzen zu dürfen. Sowohl der VW 411 – luftgekühlt mit Heckmotor – also auch der NSU RO80 – Wankelmotor und Frontantrieb – suchten nach einem adäquaten Nachfolger, sondern auch der VW K70 – auch Frontantrieb, aber mit Kolbenmotor – sollte ersatzlos gestrichen werden. Und dazu tummelten sich im angestrebten Segment der gehobenen Mittelklasse mit dem Mercedes Strich-Achter und dem 5er BMW echte Schwergewichte teutonischer Fahrzeugtechnik – da sollte man schon ein wenig auf sich aufmerksam machen.

Andererseits: Man hatte ja Zugriff auf einen noch nie so schlagkräftigen VW-Konzern. Anfang der 1970er befand sich neben Audi ja auch noch NSU im Besitz der Wolfsburger, also ließ man den Audi-Chefdesigner das Äußere entwerfen, den NSU-Chefdesigner den Innenraum. Und dann gab es über all dem ja auch noch die Porsche-Family, und ein Spross von denen, ein gewisser Ferdinand Piech, wurde Entwicklungschef bei den Ingolstädtern. Er war es zum Beispiel, der erstmals ausgiebige Heiß- und Kaltlandtests einführte. Genau so wie die Fünfzylindermotoren, die er ursprünglich einmal im Auftrag von Mercedes entwickelte. Dennoch legte man die C2 intern genannte Baureihe so aus, dass man auch einen Wankelmotor verbauen konnte, denn der RO80 war schließlich das ehemalige Flaggschiff und technologische Speerspitze aus Neckarsulm. Schnell stellte sich aber heraus, dass man alles in allem damit ziemlich daneben lag – zu aufwändig der neu entwickelte Motor. Zu mies das Image nach dem Desaster mit dem RO80. Und zu gering die möglichen Stückzahlen.

Es benötigte also eines anderen Zugangs, um irgendwie auf sich aufmerksam zu machen, und da wagte man einen für die Klasse und den Kundenkreis einen sehr kreativen Ansatz: Neben der stromlinienförmigen Limousine platzierte man eine noch stromlinienförmigere Art Schrägheck. Kombi ließ man lieber bleiben, so brav wollte man nicht werden, zudem überließ man dieses biedere Feld lieber den Brüdern von Volkswagen. Es entstand also aus einer gewissen Not heraus der erste Avant, der eine wirklich sehr schräg stehende Heckklappe hatte und damit alle modernen Kombis mehr oder weniger vorwegnahm. Und wohl auch eine von Piechs Urideen eines Luxusmobils, wenn man bedenkt, dass der erste Phaeton-Prototyp namens „D2“ ein sehr ähnliches Heck hatte. Avant schien übrigens als richtige Bezeichnung, da dieses Wort im französischen für Vorwärtsgewandtheit, Mut und Visionen steht – und auch gut klingt.

So gut die Idee auch war, so überfordert schien die Zielgruppe gewesen zu sein. Für die einen war es zu extravagant. Für die anderen zu nahe am biederen Passat, sodass sich trotz aller Bemühungen die überwiegende Mehrheit für die Limousine entschied. Die es sogar als Zweitürer gab, aber kaum wahrgenommen wurde. Dennoch nahm man mit dem C2 viel davon voraus, was Audi über Jahrzehnte noch prägen sollte. Die Aufwertung zum 200er als erstes Schielen in Richtung Oberklasse, die Turboaufladung beim 5T, und natürlich auch die clevere Idee, Kombis mit nicht ganz so großem Kofferraum aber schickerem Heck als cool zu vermarkten, indem sie einfach einen coolen Namen tragen. Dass es vom C2 heute praktisch überhaupt keine Exemplare mehr gibt, lag an ein paar konstruktiven Missständen, die unter anderem dafür sorgten, dass das Dach von innen heraus zu rosten anfing, was man meist erst dann sah, wenn es schon viel zu spät war. Audis letzte große Marketinginnovation, nämlich die Vollverzinkung, kam mit 1986 für den ersten Avant leider viel zu spät.

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