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Leben in der Kiste

Einen De Tomaso fahren, noch dazu im Alltag, das war gar nicht so schwer. Nur die Begleitumstände machten das Leben des Innocenti Mini, der später zum De Tomaso wurde, etwas wenig glorreich.

Roland Scharf

Der Innocenti Mini ist eines dieser Autos, die man nicht an sich erklären kann. Zu verworren ist seine Entstehungsgeschichte. Daher müssen wir ein wenig weiter ausholen – wer oder was Innocenti eigentlich ist oder war. Dabei handelte es sich um eine Mailänder Firma, die seit Mitte des letzten Jahrhunderts Autos von British Leyland in Lizenz für den italienischen Markt produzierte. Die Innocenti Minis waren schon zu Lebzeiten legendär und entsprechend beliebt, wobei sich gerade der Kleinwagenmarkt in den 60ern und 70ern rasant weiterentwickelte. Und irgendwann war die englische Basis dann einfach doch zu klein und alt.

Der Traum von Innocenti, ein eigenes Modell zu entwickeln, entwickelte sich zum finanziellen Albtraum, da man bis hin zum Motor alles selbst neu entwickeln wollte. Sogar eine eigene Karosserie ließ man entwickeln, wobei sich hier Bertone gegen Michelotti durchsetzen konnte. Aber die Technik – da ging leider nichts. Also blieb nichts anderes übrig, als nach der Verlängerung des Lizenzvertrags mit BL ein paar Jahre später nach der endgültigen Pleite den ganzen Laden an die Briten zu verkaufen. Die aber gleich mit einer guten Nachricht antanzten. Man entwickle gerade eh einen komplett neuen Kleinwagen, der ur super wird und eine perfekte Basis auch für den neuen Inno sein wird. Man müsse sich also keine Sorgen machen.

Kurze Zeit später war British Leyland pleite und wurde verstaatlicht. Und der neue Kleinwagen verschwand recht schnell in irgendwelchen Schubladen der Thatcher-Administration. Innocenti benötigte man auch nicht mehr und veräußerte den Laden ausgerechnet an De Tomaso, der eigentlich nur bekannt ist für exklusive und sauteure Sportwagen – aber was hatte man schon zu verlieren? Also entstand Mitte der 1970er der neue Innocenti Mini mit völlig neuer und in Italien gebauten Karosserie, der aber nach wie vor über die uralte Mini-Technik verfügte. Radstand, Motor, Getriebe, alles wie immer also, wobei man es fast schon als Treppenwitz ansehen kann, dass BL diesen Wagen ja einfach auch nach England importieren hätte können. Schließlich war das Desig zeitgemäß schick, eine große Heckklappe gab es auch. Aber nein, dort entwickelte man lieber selber den Austin Metro, einen eigenen neuen Kleinwagen, der aber ebenfalls auf der uralten Mini-Technik von 1959 aufbaute. Und genau deswegen gab es auch zu Beginn der 1980er ein Verkaufsverbot für den kleinen De Tomaso auf der Insel. Doch das sollte nicht das größte Problem des kleinen Italieners sein.

Im Vergleich zu den zahlreichen anderen neuen Superkleinwagen wie Renault 5, VW Polo und so weiter war der Inno nämlich verhältnismäßig klein und vor allem viel zu teuer. Das versuchte man zwar mit besserer Ausstattung wieder wett zu machen, der Plan ging aber nie ganz auf. De Tomaso sah sich also gezwungen, mit dem, was ihm hinterlassen wurde, also das Beste zu machen. Also verpasste er dem Inno modernere Stoßstangen, eine Lufthutze, etwas mehr Leistung, wobei wir hier im einstelligen PS-Bereich reden. Mehr ging sich einfach nicht aus, aber dennoch war man stets bemüht, mehr aus dem Wagen herauszuholen. Es gab Prototypen mit fünf Türen, andere mit verlängertem Radstand, die es vereinzelt sogar in die Serienproduktion schafften. Alejandro de Tomaso musste agieren, schließlich ging der Deal mit British Leyland und Innocenti 1981 in die Brüche.

Den eigentlich größten Deal schaffte er prompt ein Jahr später dann mit der Zusammenarbeit mit Daihatsu, die ab den frühen 1980ern ihre Dreizylindermotoren lieferten. Die waren zu der Zeit modern und sparsam, dazu gab es ja auch noch eine Version mit Turboaufladung, was sich in der heißen Phase der automobilen Tollerei natürlich super vermarkten ließ. Innocenti Turbo De Tomaso, man kann sich ausmalen, dass der Schriftzug so groß gewählt wurde, dass er sich gerade noch so auf der Karosserie ausging.

Ja und auf diese Art und Weise überlebte der Wagen dann tatsächlich noch bis 1993, ehe es endgültig Zeit war, den Designerschuhkarton ad acta zu legen. Für Airbags, ABS und Co war dann nämlich endgültig keine Kohle mehr vorhanden.

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