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Helden auf Rädern: Vauxhall Rascal
GM

Kein Schreibfehler

Ein Zwerg auf der Suche nach Identität? Streng genommen hatte der Rascal sogar viele, dazu mehrere Familiennamen und je nach Marke unterschiedliche Produktionsstandorte mit wilden Zuordnungen.

Bedford hat nichts mit Ford zu tun. Bedford war einmal eine Marke von General Motors, stammte aus dem englischen Luton und baute eifrig große und sehr große Transporter. Irgendwann einmal, als alle Welt in Richtung Downsizing ging, dachte man sich bei Bedford, dass man im Bereich unterhalb der üblichen Kastenwagen etwas im Programm haben sollte. Die aufkommende Spaßgesellschaft der 1980er wollte schließlich passend bedient werden, was bei Bedford bis dahin noch nie die ausgewählte Zielgruppe war. Indes: So wirklich gut lief es schon lange nicht mehr, die Palette war überaltet und unattraktiv, immer lieber griff die Klientel vor allem am englischen Heimmarkt zu japanischen Produkten. Man tat also das einzig Richtige: Man suchte in Japan nach einem Partner.

Schnell wurde man fündig. Suzuki legte 1985 gerade erst den Super Carry neu auf – ein nach typischem Kei-Car-Rezept komponierter Wunztransporter mit 700-Kubik-Vierzylinder, irgendwas um die 50 PS und einem wirklich überschaubaren Außenmaß von 3,2 Metern Länge und 1,4 Metern Breite. Da die Karosse aber 1,8 Meter hoch baut, gab es dennoch überraschend viel Platz, was auch in Europa gut ankommen könnte. Bedford fackelte also nicht lange, rief bei Suzuki an und überzeugte die Japaner sogar, die Versionen für Europa daheim im Vereinigten Königreich zu fertigen. Die verfügten dann sogar über einen Ein-Liter-Benziner, damit es doch etwas wie Drehmoment gab. Los ging es mit dem Verkauf 1986, und das nicht einfach nur so.

In England zum Beispiel hieß der Neuling Bedford Rascal. Überall am alten Kontinent, wo Bedford nicht mehr vertreten war (also fast überall eigentlich), lief der Van aber als Suzuki Super Carry, made in England. Nachdem GM in Australien auch eine Tochterfirma namens Holden hatte, brachte man den Rascal auch dort auf den Markt, nannte ihn aber Holden Scurry, der jedoch aus dem japanischen Suzuki-Stammwerk stammte und so gesehen nichts mit dem Bedford zu tun hatte. Im Land der schrägen Fahrzeugkonzepte kam der Kleine dann so schlecht an, dass man sich schnell noch eine Pick-up-Version überlegte, nachdem diese Fahrzeuge down under so beliebt waren. Das brachte aber auch keine besseren Verkäufe, da der Australier lieber eine Nummer größer und lieber einen Ute kauften (eine eigenwillige Mischung aus Pkw-Vorderwagen und Pritschenheck). Also war nach nur einem Jahr schon wieder Schluss mit dem kleinsten Holden aller Zeiten.

Auch in Good old England gab es Änderungen. Bedford war nämlich dermaßen am Sand, dass man ebenfalls 1986 Insolvenz anmelden musste. Eine Fabrik in Dunstable wurde schnell verkauft, die andere – eben in Luton – organisierte man im GM-Konstrukt neu, ging ein Joint Venture mit Isuzu ein (ebenfalls ein Teil der GM-Familie) und nannte das Ganze IBC, was nichts anderes hieß als Isuzu Bedford Company. Schließlich musste der Super Carry für Suzuki ja noch produziert werden, und weil man die Heimmärkte noch unter eigener Flagge bedienen wollte, ließ man den Rascal fortan einfach unter Vauxhall laufen. Das war aber fast nur mehr beiläufig, denn Isuzu hatte da den Frontera im Programm, den man liebend gerne ebenfalls in Europa verkaufen wollte, und ebendiesen als Vauxhall/Opel Frontera just in der Fabrik fertigte.

Und der Rascal? Der hielt sich tatsächlich bis 1993 tapfer im Programm, ehe es aufgrund verschärfter Sicherheits- und Crashauflagen zu einem Ende kommen musste. Macht nix, denn Suzuki war schon längst am Nachfolger dran. Dieses Mal aber verzichtete General Motors eine Zusammenarbeit. Bedford war ja eh nicht mehr zu retten.

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