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Helden auf Rädern: Zotye M300EV
Zotye

Schöner schrauben

Selten lag die Grenze zwischen Genie und Wahnsinn so nahe beinander wie beim Fiat Multipla. Da passt es nur gut, dass ihm sogar ein Leben nach dem Tod vergönnt war. In China. Als Elektroauto.

Die Geschichte des Platzwunders aus Italien mit der etwas schrägen Optik einer gothischen Kathedrale auf Crack haben wir in dieser Serie schon aufgearbeitet. Auch, dass Fiats Versuche, den Sechssitzer mit einem Facelift und den Scheinwerfern vom Idea volksnaher zu gestalten, komplett in die Hose gingen. Nicht aber, dass es 2010 mit dem Produktionsende noch lange nicht vorbei war. Totgesagte leben länger, wenn auch meist ganz woanders. Und in diesem Fall war das China.

So begab es sich seinerzeit, dass Fiat von dem ganzen Experiment die Nase voll hatte und alles Presswerkzeug und Produktionsutensilien komplett an Zotye veräußerte, eine Bude aus dem Land der Mitte, das bislang nur dafür bekannt war, ihre Designs etwas sehr stark an europäische Produkte wie den Range Rover anzulehnen. Zwar wollte man ursprünglich beim Namen dem alten Schema folgen und das Auto schlicht Multiplan nennen. Aber man lernt ja dazu und einigte sich dann doch auf M300. Dennoch: Der Plan, seriös zu werden und ein Auto einfach komplett selbst zu bauen, klappte seinerzeit aber auch schon nur mehr über den Preis, der in China umgerechnet bei rund 12.000 Euro landete. Das gelang, weil man hauptsächlich Zulieferer aus China wählte, deren Teile qualitativ vielleicht nicht ganz so High End waren die jene aus Italien. Aber die Produktionskosten ließen sich so jedenfalls massiv senken, zumal man ja ein wenig Budget für weitere Entwicklungsarbeiten benötigte.

So gab es nämlich – anders als beim Original – auch eine Variante mit nur fünf Sitzen und eine Elektroversion! Die hatte unter der vorderen Haube nicht den üblichen 1600er-Benziner, sondern eine 82 PS starke E-Maschine, die 250 Newtonmeter Drehmoment ablieferte. Den nötigen Saft lieferte ein 35,2 kW großer Akku, der den Ex-Fiat 1,7 Tonnen schwer machte und die Reichweite damit nachhaltig beeinflusste. Nach dem damaligen Messzyklus sollten 160 bis 200 Kilometer möglich gewesen sein, realistischer war es aber eher, wenn man an die 50 Kilometer abzog. Das war für 2010 schon nicht gerade üppig, und dennoch gab es da ein Feature, dass den M300EV zum Beispiel für Taxler durchaus interessant machte.

Die Batterie, die aus vier rund 65 Kilogramm schweren Modulen bestand, war nämlich von geschultem Personal in wenigen Minuten austauschbar. Die Einbauposition unter den Rücksitzen in Kombination mit den weit öffnenden, großen Fondtüren und die enorme Innenhöhe des Multipla waren prädestiniert für diese Arbeiten, da die Monteure viel Platz zum werken hatten, das Konzept des kleinen Wechselakkus war für diesen Wagen also prädestiniert. Warum Zotye mit diesem Wagen dennoch scheiterte und im Endeffekt bankrott ging, lag schlicht an der Tatsache, dass man in China mit diesem Fahrzeugkonzept an sich nichts anzufangen wusste. Lieber fuhr man seinerzeit Limousinen mit verlängertem Radstand und viel Beinfreiheit im Fond – das ultimative Zeichen von Wohlstand und verschwenderischen Luxus. Ein Van galt da wohl eher als uncool. Ein Phänomen, das auch in Europa dafür sorgte, dass diese Fahrzeugklasse 2013, als Zotye den M300 nach 25.000 Stück einstellte, schön langsam zu ihrem Ende fand. Und dennoch verhalt der Trip nach China dem oftmals gescholtenen Multipla dazu, viele seiner damaligen Konkurrenten doch um ein paar Jahre noch überlebt zu haben.

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