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Helden auf Rädern: McLaren Mustang

Die Steroidenstute

Der F1 war nicht das erste Straßenauto, das jemals das McLaren-Zeichen trug. Da gab es viel früher ein kleines Füchschen, das sogar weit seltener ist. Aber nicht mal annähernd so exklusiv.

Roland Scharf

So gerne in der Autoszene diskutiert wird, in einem Punkt ist man sich weltweit eigentlich ziemlich einig: Was die schlimmste Phase amerikanischer Fahrzeuge war. Die Malaise-Ära, zirka von den frühen 70ern bis knapp Mitte der 80er brachte eine erschreckend hohe Zahl an Fehlgriffen hervor, was sowohl Design als auch Technik betrifft. Sicher spielten da verschärfte Abgasvorschriften mit hinein, aber das erklärt zum Beispiel nicht die optischen Missstände. Oder wie man aus rund acht Litern Hubraum und Turbolader nur rund 180 PS zustande brachte. Und ziemlich genau mittendrin in dieser dunklen Phase landete die dritte Generation des Mustang.

Basierend auf der kompakten Fox-Plattform von Ford bekam dieses Pferdchen schnell den Beinamen Fox Body verpasst und Zeit seines Lebens gab es ihn in nahezu unübersehbarer Zahl an Varianten und Motorisierungen – von 1979 bis 1993 ist schließlich eine lange Zeit. Bereits früh überriss man bei Ford natürlich, dass man mit dem neuen Modell und seinem 2,3-Liter-Vierzylinder natürlich wenig den V8 der Konkurrenz entgegensetzen kann. Vor allem, wenn es um Image und Motorsport geht. Die IMSA-Serie wollte man dennoch irgendwie bedienen, also nutzte man die alten englischen Kontakte in den Rennsport (Ford UK verkaufte mit Hilfe von Cosworth schließlich mehr Formel-1-Triebwerke als jeder andere) und klopfte bei McLaren an: Man benötige ein wenig Image und Motorsport.

Schnell wurde man sich einig: Aus dem neuen Mustang sollte eine auf 250 limitierte Sonderedition entstehen, die speziell auf die Anforderungen der beliebten US-Rennserie zugeschnitten sein wird. Man legte sich auch wirklich ins Zeug, wie alleine die Optik verrät. Die martialischen Verbreiterungen sind komplett aus Blech gefertigt, was für die Buchhalter des Konzerns ein kleines Drama gewesen sein muss. Immerhin fertigte man die Motorhaube aber aus GFK, was aber auch der Formgebung geschuldet war. So dachte man nämlich schon an eine effiziente Wärmeabfuhr aus dem Motorraum, sogar Verriegelungspunkte waren vorgesehen. Und wenn man schon einmal in Europa entwickeln lässt, kann man ja auch gleich bei BBS anklopfen und sich ein paar schicke Mahle-Speichenräder organisieren, ein wenig Gewicht einzusparen kann schließlich nie schaden.

Vor allem, wenn man einen Blick unter die wilde Haube wirft. Da schlummert nämlich natürlich der Vierzylinder-Turbo, den man zumindest von den serienmäßigen 132 auf knapp über 170 Pferde brachte, was angesichts der wilden Optik aber etwas schmalbrüstig anmutete. Es ist knapp 50 Jahre später natürlich nur mehr schwer zu sagen, was genau der Grund war, dass man sich dann nur mehr halbert um das Projekt bemühte. Das Fahrwerk zum Beispiel ist zwar heftig umgeändert worden und erhielt stärkere Federn, Konidämpfer, dickere Stabis und härtere Buchsen, entspricht aber ganz einfach dem Polizei-Package, das es für den Fairmont (die Limousine, die sich die gleiche Basis mit dem Fox Body teilte) gab. Scheinbar haben die Buchhalter dann doch langsam wieder begonnen, ruhig zu atmen, denn ähnlich ging es dann mit dem Projekt weiter. Die Sitze übernahm man auch einfach so von Recaro, der Überrollbügel wurde nicht standesgemäß verschweißt, sondern einfach nur verschraubt, und das restliche Interieur verfügt zwar über hübsche Instrumente, ist sonst aber praktisch unverändert.

Es ist schwer zu sagen, ob man das Desaster schon ahnen sollte oder warum dieses ehrgeizig begonnene Projekt dann doch so lieblos zu Ende geführt worden ist, jedenfalls gestaltete sich die rechnerische Seite des Projekts mehr als nur schwierig – zumindest auf den ersten Blick. Aufgrund einer praktisch nicht vorhandenen Nachfrage fertigte man nämlich nicht 250 sondern gerade einmal zehn Stück und konzentrierte sich fortan lieber auf Editionen, die man mit der laufenden Serie einfach mitlaufen lassen konnte. Wobei: Es kristallisierte sich aufgrund des Projekts M81 (so die interne Bezeichnung) nämlich heraus, dass es da schon einen Bedarf an schlau kalkulierten Kleinserien gab, weswegen man nach diesem Desaster SVO (Special Vehicle Operations) aus der Taufe hob, die sich gezielt um derlei Spezialmodelle kümmern sollten – bis heute.

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