Helmut Zwickl Kolumne | 31.07.2006
Die Formel 1 ist im Umbruch. In Hockenheim wurden die Teamchefs in einem Rundschreiben von FIA-Präsident Max Mosley informiert, daß das Motoren-Reglement ab 2008 steht.
Der Kernpunkt: am 1.Juni 2006 wurde der Entwicklungsstand der heutigen 2.4 Liter V8-Motoren eingefroren. Das war der Leistungsstand von Monaco. Bis 2008 liegen diese Motoren quasi im Eiskasten, eine Weiterentwicklung wird es nur in Teilbereichen geben, die Drehzahl wurde auf 19.000 U/min. limitiert.
Max Mosley hat einen totalen Sieg errungen, was die Autohersteller nicht zugeben wollen. Die Motoren, bisher das «Herz der Formel 1», so Mercedes-Rennchef Norbert Haug, bekommen künftig eher die Rolle eines «Blinddarms» zugewiesen, wenn wir schon von solchen Organen reden.
Gerhard Berger findet alles «o.k., denn man muss sich einmal vorstellen, dass ein Autowerk wie BMW runde 250 Millionen Dollar für Formel 1 Motoren ausgibt.»
Die Formel 1 anno 2008 sieht dann so aus: Motoren eingefroren, Einheitsreifen, Einheitselektronik, eine Weiterentwicklung wird es nur am Chassis und Aerodynamik-Sektor geben.
Ist das noch die Königsklasse des Motorsports?
Als ich diese Frage in Hockenheim Bernie Ecclestone stellte, meinte er: «Hast Du dir hier die GP2 Rennen angesehen? Gleiche Motoren, gleiche Chassis, gleiche Reifen, und wir hatten verdammt gute Rennen. Daher bin ich sicher: die Motoren sind nicht so wichtig, wie die Leute glauben. Ich bin dafür, dass neue Technologien über die Formel 1 in die Straßen-Autos gehen. Die Technologie die wir heute in der Formel 1 haben, ist längst in den Straßen-Autos. Da ist nichts mehr zu gewinnen.»
Das stimmt alles, doch jetzt wo die zügellose Motorenentwicklung eingebremst wurde, weil sie zu teuer ist, fast zeitgleich also, legen Mosely & Ecclestone bereits neue Visionen vor. Da ist von Energiegewinnung aus Bremskraft die Rede und von Hybridantrieben.
Erst bei der Ennstal-Classic habe ich mich kürzlich mit Mario Illien über dieses Thema unterhalten. Mario hat vor ein paar Jahren ein geniales System entwickelt, das aus der Energie, die beim Bremsen entsteht, über eine Hydraulik, die ins Getriebe eingreift, eine Leistungssteigerung bewirkt. Über Minuten hinaus wären fast 50 Mehr-PS zur Verfügung gestanden.
Die FIA hat jedoch damals das System schon am Papier abgedreht, hinter den Kulissen ist Ferrari dagegen Sturm gelaufen. Mario Illien hat damals mit seiner Firma Ilmor einen Haufen Geld in diese Entwicklung investiert, die man sich letztlich an den Hut stecken konnte.
BMW-Rennchef Dr.Mario Theissen gibt zu bedenken: «Das Thema Energieverbrauch ist das Kernthema der Automobil-Entwicklung, aber man muss sich darüber klar sein, dass das alles andere als ein Spar-Programm ist.»
Es wird interessant zu sehen, ob 2008 die Formel 1 Show spannender wird. Aber ich behaupte jetzt schon, dass die heutigen Top-Teams auch in einer kastrierten Formel 1 die Top-Teams sein werden.
Autor Helmut Zwickl ist neben seiner langjährigen Tätigkeit als einer der führenden deutschsprachigen Motorsportjournalisten auch Veranstalter der Ennstal-Classic, alle Infos dazu finden Sie unter www.ennstal-classic.at