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Helmut Zwickl Kolumne

Über Fahrgenies und Spezialisten

"Wieso führt ein sechsfacher GP-Sieger in der DTM das Wasser nach?", fragt motorline.cc-Stargastautor Helmut Zwickl in seiner jüngsten Kolumne.

von Helmut Zwickl

Man feiert Ralf Schumacher in der DTM. Bei der Premiere in Hockenheim versteckte sich der sechsfache Formel 1 Grand Prix-Sieger auf Platz 14. Man müsse ihm Zeit geben, er müsse sich erst an das Auto gewöhnen, an die Arbeits-methoden, und obendrein hat er ein Vorjahrsauto. Norbert Haug nach Hockenheim über Ralf: «Seine ideale Rundenzeit - die von ihm im Rennen gefahrenen besten Sektorenzeiten aufaddiert – ergaben die neuntschnellste Zeit.»

Jubel, Jubel.

Ralfs Ziel: gegen Jahresende strebe er einen «Achtungserfolg» an. In Oschersleben beim zweiten Rennen wurde er jetzt Zehnter. «Starke Leistung» posaunten die Medien.
Es ist schon klar: Mercedes zieht gegen Audi momentan den Kürzeren, auch das muß man bei Ralf berücksichtigen.

Wenn aber ein sechsfacher Formel 1 GP-Sieger in der DTM das Wasser nachführt, sollte man dieses Phänomen jenseits der PR-Maschinerie betrachten, die den Reserve-Schumi als DTM Hit verkaufen muß.

Früher waren die Formel 1 Piloten offenbar Universal-Genies. Jochen Rindt war in jedem Auto schnell, ohne zehntausende Testkilometer, egal ob er einen Ferrari LM, Ford GT40, Porsche, Formel 2 Brabham bis hin zum Formel 1 von Cooper, Brabham oder Lotus fuhr.
Wenn sich Jim Clark in einen Tourenwagen setzte, war er siegfähig. Egal ob John Surtees oder Jackie Stewart in einen Ferrari Prototyp oder Chaparral stiegen, sie waren sofort an der Spitze dabei.

Sie benötigten keine Lernzeit. Selbst als sich Formel 1 Stars wie Clark, Graham Hill, Jack Brabham, Rindt, Stewart oder Fittipaldi im Nudeltopf von Indianapolis versuchten, hatten sie den Linksherum-Balanceakt sofort im Blut. Umgekehrt lieferte die Indy-Szene keine «Winner» in die Formel 1, Mario Andretti ausgenommen.

Mika Häkkinen, ein zweifacher Formel 1 Weltmeister, hat sich in der DTM als Rentner noch ein Zubrot verdient, in 30 Rennen schaffte er gerademal drei Siege und gab etwas frustriert auf. Jean Alesi (201 Formel 1 GP) produzierte in 52 DTM-Rennen schlichte vier Siege.
Ein Bernd Schneider, der neun Formel 1 Rennen für ein Statisten-Team fuhr, daher nie in der Formel 1 Fuß fassen konnte, aber offenbar nicht die Formel 1-spezifische Fahrstil-Degeneration mitmachte, holte in 226 DTM Rennen 41 Siege, 100 mal stand er am Podium.
Wir haben das auch vor einigen Jahren im Porsche-Cup gesehen: nur ein Fahr-Genie wie der Walter Röhrl konnte, wenn er das VIP-Auto fuhr, der Cup-Inzucht zeigen wo der Hammer hängt.

So flott ein DTM-Auto ist, gegen einen Formel 1 spielt sich alles, etwas überspitzt gesagt, in Zeitlupe ab, und man müsste annehmen, dass ein Formel 1 Pilot, der seit früher Kindheit zum Rennfahrer gezüchtet wurde, in der DTM alles niederreißt.

Dem ist nicht so.

Offenbar hat sich früher der Grenzbereich anders dargestellt als heute, wo ein Rennfahrer die Systeme verstehen muss und es viel, viel mehr Stellschrauben gibt, um ein Auto auf das technische Optimum einzustimmen.

Wahrscheinlich hat das Computer-und Groundeffect-Zeitalter eine Rennfahrer-Rasse ausgebrütet, deren Sensoren so spezifisch für die Formel 1 Autos mutierten, dass sie sich anderswo nur widerwillig umprogrammieren lassen. Bestes Beispiel war, als sich die Michelin-Piloten auf die Bridgestone-Einheitsreifen umstellen mussten, weil das neue Limit einen neuen Fahrstil verlangte.

Mich würde es aber nicht wundern, wenn ein Michael Schumacher in der DTM auf Anhieb in der Spitze mitgeigen würde. Denn er ist ein Fahrgenie, wie er uns momentan auch im Sattel eines Motorrads demonstriert.

Autor Helmut Zwickl ist neben seiner langjährigen Tätigkeit als einer der führenden deutschsprachigen Motorsportjournalisten auch Veranstalter der Ennstal-Classic, alle Infos dazu finden Sie unter www.ennstal-classic.at

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