
Helmut Zwickl Kolumne | 21.10.2007
Der neue Trend ohne das "Sorglos-Paket"
Die Autos sind ohne das elektronische "Sorglos-Paket" schwieriger zu fahren. Fahrerisch trennt sich der Spreu vom Weizen endlich sichtbarer...
von Helmut Zwickl
Der Trend, der sich nach zwei Rennen abzeichnet, ist zwar noch nicht ganz scharf, aber aus dem Zweikampf Ferrari gegen McLaren-Mercedes hat BMW einen Dreikampf gemacht und daran wird sich heuer nicht mehr viel ändern.
Im Verfolger-Rudel wird man laufend die Positionen wechseln, aber weder Toyota, noch Williams, noch Red Bull, schon gar nicht Renault, können am Podium – wenn alles normal läuft – ein Feuer entzünden.
Nach Australien wurde Ferrari von den Medien flach gemacht, doch in Malaysia hatten die Roten keine Gegner. Man sollte daher jetzt vorsichtig sein, und nicht über McLaren-Mercedes die übliche Häme versprühen.
Konkurrenzdruck und Verfolgungswahn sind so hoch wie nie, hinter den großen Drei hat sich alles komprimiert, die Tagesverfassung der Piloten und Strategen, wie sie mit Reifen und Benzin umgehen, wird entscheidend, wer vor wem ins Ziel geht.
In Malaysia war Kimi Räikkönen nach 56 Runden, sprich 1 Stunde und 31 Minuten Fahrzeit um 19.5 Sekunden schneller als BMW`s Rubert Kubica, nur das zählt, und wenn Nick Heidfeld auch die schnellste Runde im Rennen fuhr: BMW fehlten 19 Sekunden zum Sieg und das ist nicht wenig.
Die Kommandobrücke von McLaren-Mercedes machte im Quali den Fehler, ihre auf der Auslaufrunde dahinkrebsenden Piloten Hamilton und Kovalainen von der Ideallinie nicht wegzuscheuchen. Die beiden hatten den Befehl Benzin zu sparen, sie waren fahrende Schikanen, sie behinderten Alonso und Heidfeld, beschwörten Momente höchster Gefahr herauf, und sie wurden zu Recht um fünf Startplätze zurückgereiht, fürs Rennen ein Riesenhandikap, zumal die Überlegenheit von Melbourne in Sepang nicht da war.
Sepang hat wieder die Crux der Formel 1 gezeigt: ein schnelleres Auto kann ein vor ihm liegendes langsameres Auto schwer, bis gar nicht überholen. Soviel zum leidigen Thema Überholverbot.
Toyota ist im Kommen. Honda wie erwartet nirgends. Renault ist dank Alonso für WM-Punkte, aber nicht fürs Podium gut.
Zum Thema Klebetechnik: bei Red Bull hatte Coulthard im Training einen mörderisch aussehenden Crash, weil die Radaufhängung aus dem Leim ging. Bei Minardi passierte vor Jahren folgendes in der Composite-Abteilung. Der Mann der damit beauftragt war, einen Stahlteil mit einem Carbonteil zu verkleben, legte eine Zigarettenpause ein. Das Mittel, das für die Verklebung maßgeblich ist, stand zu lange bei zu hohen Temperaturen offen. Als beim ersten Test der Minardi losfuhr, brach die Radaufhängung bereits in der Boxengasse.
Auch in der Composite Abteilung von Red Bull dürfte sich menschliches Versagen in den Arbeitsprozess der Klebetechnik eingeschlichen haben.Die Verantwortlichen dürften bereits ihren Spind geräumt haben...
Die Autos sind ohne das elektronische «Sorglos-Paket» schwieriger zu fahren. Fahrerisch trennt sich der Spreu vom Weizen endlich sichtbarer: Massa ist noch fehleranfälliger geworden, Kovalainen wurde für Hamilton eine echte Herausforderung, Heidfeld und Kubica liegen auf Augenhöhe, Coulthard kommt nicht mehr mit, Piquet schaut gegen Alonso alt aus, und die unsichere Zukunft von Toro Rosso muß für Gerhard Berger & Co. nicht gerade das wundersame Doping gewesen sein.
Autor Helmut Zwickl ist neben seiner langjährigen Tätigkeit als einer der führenden deutschsprachigen Motorsportjournalisten auch Veranstalter der Ennstal-Classic, alle Infos dazu finden Sie unter www.ennstal-classic.at