Helmut Zwickl Kolumne | 03.07.2006
Motoren einfrieren, doch wie taut man die Show auf?
Anlässlich der Einigung über das künftige Motoren-Reglement schreibt Helmut Zwickl süffisant: "Motoren einfrieren - doch wie taut man die Show auf?"
von Helmut Zwickl
In Indianapolis, so wurde offenkundig, haben sich die Motorenhersteller der Formel 1 zu einer Einigung durchgerungen, mit welchen Freiräumen man sich im künftigen Motoren-Reglement zufrieden geben werde.
Es war ein monatelanges Gerangel, denn klarerweise wollen die großen Werke Gedankenfreiheit für ihr technisches Wissen. Doch in einer Diktatur gibt es keine Gedankenfreiheit.
Die Werke, die die Formel 1 am Leben erhalten, hatten keinen Spielraum mehr. FIA-Präsident Max Mosley hat sie quasi in Geiselhaft genommen. Das Motoren-Wettrüsten, das pro Saison zwischen 100 und 200 Millionen Dollar verheizt, die Jagd nach 20.000 Touren, wird ab 2007, wahrscheinlich sogar schon im nächsten Jahr, zu Ende sein.
Bereits jetzt mussten die Werke einen ihrer Motoren bei der FIA deponieren, einen sogenannten Homologations-Motor, der für die Periode zwischen 1.Juni 2006 und 2011 nur in ganz speziellen Details am Beginn jeder neuen Saison verändert werden darf.
Was im Detail an den «eingefrorenen» Motoren verändert werden darf, darum wurde bis zuletzt gestritten.
Max Mosley hat sicher recht, wenn er sagt, «dieses Motoren-wettrüsten ist in einer Zeit völlig altmodisch und sinnlos geworden, in der sich die Hersteller mit Energiesparen und Hybridantriebe befassen. Wir laden die Hersteller heute schon ein, neue Vorschläge zu machen, für eine ab 2011 gültige Formel, deren Motoren nicht durch den Hubraum definiert werden, sondern das Prinzip sollte sein: je mehr Power man aus dem Sprit gewinnt, der z.B. durch eine bestimmte Durchflussrate geregelt wird, desto besser...»
Renaults Team-Prinzipal Flavio Briatore hat jetzt den monatelangen Streit um ein kostengünstigeres Motoren-Reglement mit den Worten beendet: «Ich verstehe nicht, warum wir besessen sind, einzig und allein nur über Motoren zu debattieren. Wir versteifen uns auf eine Motoren-Formel und nicht auf eine Unterhaltungs-Formel. Das ist unser Problem. Wir produzieren die teuersten Autos für den langweiligsten Event.»
Worte, punktgenau wie ein Laserstrahl.
Die Formel 1 ist jetzt schon total zu Tode reglementiert.
Im Freitag-Training kreisen nur die Testpiloten. Das Motorenschonen in Verbindung mit dem Reifensparen, das Ganze überlagert durch ein unsinniges Tank-Reglement, das die Zuschauer und TV-Kommentatoren im Schwebezustand einer unerträglichen Rätselrallye hält, Überholungen nur noch «strategisch» an der Tankstelle zuläßt, ist tödlich geworden für die Show.
Ausser dem Massen-Crash in der ersten Kurve konnte die Formel 1 den Indianapolis-Besuchern auch diesmal nicht viel bieten. Am Ende waren dann nur noch neun Autos im Ziel: Um drei mehr, als bei der letztjährigen Farce.
Autor Helmut Zwickl ist neben seiner langjährigen Tätigkeit als einer der führenden deutschsprachigen Motorsportjournalisten auch Veranstalter der Ennstal-Classic, alle Infos dazu finden Sie unter www.ennstal-classic.at