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Warum die besten Rennfahrer als Teamchefs scheitern

In seiner jüngsten Kolumne sinniert motorline.cc-Star-Gastautor Helmut Zwickl über die Frage, warum Rennfahrer als Teamchefs scheitern.

von Helmut Zwickl

Seit Michael Schumacher seine aktive Rennfahrer-Karriere beendet hat, spekulieren die Medien, ob er in einer Rolle zu Ferrari zurückkehrt, die von Konsulent bis Teamchef alle denkbaren Jobs umfassen könnte.

Schumi dementiert, sein Manager Willi Weber dementiert («da hätte er ja gleich weiterfahren können»), Jean Todt wiederum nährt die Spekulationen, er könne sich sehr wohl den Michael «als Teamchef vorstellen»...

Eine ewige Geschichte, die wohl dem Wunschdenken der Medien entspricht, die «ihren» Quotenhengst am liebsten wieder an der roten Front sehen würden.

Wenn man die Strukturen eines Formel 1-Rennstalles kennt, so muß man sich fragen: wo könnte ein Michael Schumacher nützlich sein?
Mark Webber hat kürzlich gemeint, es würde ihn als Ferrari-Pilot «wahnsinnig machen» wenn Schumi in der Box steht, als Ober-Guru.
Schon Niki Lauda ist bei Ferrari in dieser Rolle – präzis gesagt, war er Berater von Präsident Montezemolo – gescheitert. Jean Todt wollte sich nicht ständig vom Medien-Schwergewicht Lauda über die Medien sagen lassen, was er alles schlecht macht.

Ich glaube, Michael Schumacher würde nur in einer einzigen Rolle für Ferrari wirklich wertvoll sein: wenn er selber ins Auto steigt und testen geht. Mit aller Konsequenz und körperlichen Fitness seiner aktiven Zeit. Da könnte er die Aussagen von Kimi und Felipe querchecken, durch seine riesige Erfahrung anreichern, die Stoßrichtung der Weiterentwicklung absichern.

Was sonst sollte er machen? Sich mit der FIA und Bernie streiten? Kimi und Felipe vom Pistenrand gescheite Tips geben? Testfahrten festlegen, Fahrerverträge aushandeln, mit Sponsoren dealen oder Headhunter in Marsch setzen?

Man muss eines bedenken: Rennfahrer sind wahnsinnige Egoisten, die in ihrer Karriere nur eine Strategie verfolgten, nämlich in einem Team alle Weichen für sich zu stellen.

Teamplayer hin, Teamplayer her, ein Rennfahrer spielt immer nur für sich. Die größten Rennfahrer unserer Zeit waren daher keine wirklich erfolgreichen Teamchefs.

Emerson Fittipaldi scheiterte mit seinem eigenen Team, Jackie Stewart hat immerhin eines bewirkt, er hat seinen Rennstall gleich zweimal an Ford verkauft.

Niki Lauda ist ein besonders fähiger Mensch, der mit den Eigenschaften, die ihm zu drei WM-Titel verhalfen, eine Airline etablieren konnte. Aber als Überdrüber Boss bei Jaguar musste er gehen, noch bevor seine Saat aufgegangen ist. Niki baute bei Jaguar mit seiner Hire-and Fire Politik viel Druck auf, denn er wollte im Zeitraffer zum Erfolg.

Die großen Erfolge, die Alain Prost als Rennfahrer einfuhr, waren stets von politischen Schachzügen abgestützt. Als Teamchef produzuzierte er ein Desaster, weil seine Management-Kompetenz zur Führung einer Firma nicht ausreichte.

Ein Tom Walkinshaw war in seinen diversen Rollen als Teambesitzer/Teamchef sporadisch erfolgreich, aber letztlich hinterließ er nur verbrannte Erde.

Gerhard Berger hat noch alle Chancen, sich als erfolgreicher Team-Mitbesitzer zu etablieren.
Um nochmals auf Michael Schumacher zurückzukommen: ich halte ihn für intelligent genug, dass er sich von Ferrari höchstens in eine Rolle einbinden lässt, die mit jener der Britischen Queen vergleichbar ist: ihre Regentschaft dient der Repräsentation und die ganze Welt geht vor ihr in die Knie.

Autor Helmut Zwickl ist neben seiner langjährigen Tätigkeit als einer der führenden deutschsprachigen Motorsportjournalisten auch Veranstalter der Ennstal-Classic, alle Infos dazu finden Sie unter www.ennstal-classic.at

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