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Erinnerungen eines Sportreporters: Mein ständiger Co-Pilot
Fotos: Peter Klein, Walter Blieberger privat

Mein ständiger Co-Pilot

Der 10. Dezember 1986 sollte sich als Schicksalstag für Peter Klein herausstellen. Nach einem schweren Autounfall lag er wochenlang im Koma, Walter Blieberger stand ihm auch danach als "Co-Pilot" zur Seite.

Peter Klein für den Motorline Paddock Corner

Besonders in den 80er Jahren war Walter Blieberger ein gefragter Mann, der tolle 10. Gesamtrang mit Fritz Heisler bei der Akropolisrallye machte ihn zum begehrten Co-Piloten. Seine Chauffeure nach Herbert Grünsteidl waren neben Hubert Katzian auch Georg Fischer. Mit dem gab es in Admont einen bösen Unfall, bei dem beide aber unverletzt blieben. Danach zwei tolle Jahre mit Willi Stengg sen. im Opel. Generell muss man sagen, dass der Rallyesport in den 80er- und 90er-Jahren nicht nur in Österreich einen enormen Aufschwung erlebte. Zumindest fünfstellige Zuschauerzahlen in Österreich, sechsstellige bei den Läufen der Rallye-Weltmeisterschaft. Auch das Interesse im ORF war mit den Erfolgen der Österreicher gestiegen, ich berichtete von acht WM-Läufen, von Monte Carlo bis Neuseeland, von Afrika bis Argentinien.

10.12.1986: Der Tag, der mein Leben veränderte

Drei Wochen vor Weihnachten wurde ich stolzer Besitzer eines Audi Coupé, allerdings nur für zehn Tage – und das kam so: Es war ein langer Arbeitstag mit Dreharbeiten, Interviews und Filmschnitt. Ich war zufrieden und machte mich auf den Heimweg mit meinem neuen Auto. Rauf auf die Südautobahn, eine Zigarette angezündet und fröhliche Gedanken an ein feines Abendessen beim Italiener. 120 km/h am Tacho – damals sollte man die Autos ja einmal einfahren und rund 1.000 km schonend behandeln. Die Rothmans ausgeraucht, es sollte meine letzte Zigarette sein...

Und dann nur noch Superzeitlupe und doch rasend schnell. Ein Lichterregen aus tausenden Glassplittern, eine ausgerissene Leitschiene, durch die ein Auto gerast war und es stand rauchend mitten auf meiner Spur. Das rechte Bein zuckt blitzartig gegen das Bremspedal – „Du Narr, jetzt stirbst Du“, denke ich noch und auch „na gut Klein, aber du auch!“ Wie lange die erste Bewusstlosigkeit währte, weiß ich nicht, ich öffnete die Augen, sah einen Polizisten der fotografierte und denke: „Klein, du lebst!“ Ich merke, dass die Windschutzscheibe fehlt, Blaulicht rund um mich, ich habe keine Schmerzen. Das Auto des betrunkenen Geisterfahrers steht etwa 50 Meter weiter, rechts am Pannenstreifen. Ich rieche plötzlich Benzin, Panik macht sich breit, ich will aus dem Auto, drehe mich zur Türe, sehe noch immer den fotografierenden Polizisten und dann – gnädige Ohnmacht...

Eine Doppeltüre fliegt auf, rund um mich weiße Mäntel, ich liege auf einer Bahre und die Lichtbalken an der Decke fliegen vorbei. Ein schlechter Film, denke ich. Ein leichter Drift nach links, eine Schwenktüre – „SCHOCKRAUM“ steht da geschrieben, was bedeutet das? Was will der Kerl da ober mir, hält einen Schlauch in der Hand und ich höre Sauerstoff zischen. Ich will mich wehren, kann aber kaum atmen, bin zu schwach und falle erneut in eine wohltuende Ohnmacht, diesmal allerdings für 17 Tage. Auch im Koma denkt der Mensch, er fantasiert, reist durch fremde Länder, hört und sieht Tatsächliches, kann aber zwischen Realität und Fantasie kaum unterscheiden.

Und dann dieses pausenlose, nerventötende „piep, piep, piep, piep…“ Schläuche stecken in mir, in der Brust, am untersten Rippenbogen rechts und links und zwischen einem Blubbern ein Röcheln, ich glaube ersticken zu müssen. „Die Schweine wollen dich umbringen!“ Später erklärt man mir, dass dieses Geräusch das Absaugen der rechten, irreparablen Lunge war. Intensivstation, ein Ort der Sterbenden und ich höre den Stationsarzt leise murmeln „exitus“ – ist der Kerl verrückt, ich lebe doch! Die Frau links von mir wird weggebracht, wieder ist ein Intensivbett frei. Rechts neben mir liegt ein junger Bursche bewegungslos wie eine Marmorstatue. Ein gut aufgelegter Heurigenbesucher hatte ihn über den Haufen gefahren... Am Nachmittag – oder war es schon Nacht – wieder das leise gemurmelte Wort „exitus“ und ein schweres Seufzen des diensthabenden Arztes. „Ich nicht“, denke ich und will es hinausschreien, „Ich komme lebend aus diesem Intensivbett und mich kriegt ihr nicht!“

Schemenhaft sah ich ihn hereinkommen, in diesem grünen, viel zu großen Plastikmantel, der selbst meine 1,86 Meter locker bedeckt hätte. Und Walter Blieberger ist fast einen Kopf kleiner als ich. Besorgt stand er am Bettrand und ich wünschte mir: „Komm doch hinter dem Bett vor, schau nicht so traurig!“ Ich versuchte die Augen zu öffnen, doch ich sah nur verschwommen eine bekümmerte Gestalt vor mir. Er blickte fassungslos auf mich, all die Schläuche in mir, die künstliche Beatmung und hörte wohl auch dieses verdammte „piep, piep, piep…“ Und dann kam er endlich hinter dem Bett hervor, kam ein wenig näher und ich jauchzte innerlich. Der grüne Mantel, um den Kragen zugeknöpft, ging bis zu seine Knöcheln und die Ärmel, die viel zu lange waren, zwei Mal aufgekrempelt.

Ich sehe das Bild von Menschen in den 50er Jahren die im Regen in eine Pelerine gehüllt, zur Arbeit hasten und muss innerlich lachen. Seine schwielige Hand berührte meine Stirn als wollte er sagen: „Wach auf, öffne die Augen, du lebst doch“. Sechs Wochen später holte er mich aus dem Spital und brachte mich nach Hause. Vor dem Tor stand ein gebrauchter Ford Granada Automatic, Walter hatte an alles gedacht. Danach drei Wochen ins Rehabilitationszentrum „Weißer Hof“ nach Klosterneuburg. Exakt 120 Tage nach diesem Horrorcrash bestieg ich auf Krücken das Flugzeug nach Nairobi, mit mir Helmut Deimel als Kameramann und mein ständiger „Co“ Walter Blieberger. Und wir berichteten von einem der größten Erfolge des Rudi Stohl bei der Safarirallye.

Doch was ich zuvor, auf dem Weg in den Amboseli Nationalpark mit dem „Blie“ erlebte, treibt mir heute noch vor Lachen Tränen in die Augen. Darüber berichte ich am nächsten Montag!

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