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Erinnerungen eines Sportreporters: AWARAKADAWARA, wo san meine Habara?

AWARAKADAWARA, wo san meine Habara?

Mit "Ostbahn-Kurti" Willi Resetarits hat uns einer der Großen verlassen. Mit Rallye und Co. hatte er nix am Hut, unseren Peter Klein aber bat er dennoch mehr als einmal auf einen "Spritza" zu sich ...

Peter Klein für den Motorline Paddock Corner

Nein, ich denke nicht daran, auf einen Zug der Fledderei aufzuspringen und wichtig zu erzählen, wie ER denn so war. Wir werden fast stündlich mit Wortmeldungen konfrontiert und jeder will genau wissen, welch guter Mensch er war, wie sozial er sein Leben gestaltet hatte. Was Willi Resetarits mit dem Rallyesport zu tun hatte und wieso nun auch hier, auf motorline.cc über ihn geschrieben wird, will der geneigte Leser wissen? Nicht wirklich viel kann ich beruhigen und doch war es bei einer Rallye, als ich den gut 30-jährigen, damals noch mit voller Mähne, mit seiner Band samt Lebensgefährtin persönlich kennengelernt hatte.

Der Badener Rallyeklub (BRK) hatte zur Pressekonferenz gebeten, eine Weltpremiere wurde präsentiert: Franz Wittmann startet mit Allradantrieb bei der Jänner-Rallye im Raum Freistadt. Der rührige Präsident des BRK, "Joschi" Stoffer, war nicht nur Generaldirektor eines Kosmetik- und Waschmittelkonzerns, sondern auch Rallye-affin und ideenreich. Zur ersten Rallye – Liveübertragung im ORF, mit rund eineinhalb Stunden Sendezeit, musste auch ein dementsprechendes Rahmenprogramm her. So wurde von den beileibe nicht prüden Herren eine Miss-Jänner-Rallye-Wahl ins Leben gerufen (bei der sich ein Rallyeweltmeister namens Walter Röhrl mit manchmal extrem niedriger Wertung ein wenig unbeliebt gemacht hatte) und zur weiteren Unterhaltung eine Musikgruppe organisiert wurde. Präsident Stoffer höchstpersönlich verpflichtete die Gruppe "Schmetterlinge" mit der bildschönen Sängerin Beatrix Neundlinger und dem stimmgewaltigen Willi Resitarits, der aber auch das Spiel mit der Mundharmonika und den Congas beherrschte. Die Lieder "Boom, boom, Boomerang" und "Luminal City" wurden dargeboten, mir gefiel vor allem die Sängerin,- diese aber hatte schon längst Herrn Resetarits erhört, der damals von der Ostbahn noch knapp drei Jahre entfernt war.

15 Jahre nach meiner ersten Ehe sagte ich ein zweites Mal JA – und das war gut so! Meine Frau war zu dieser Zeit noch Promotion-Manager bei Polygram und betreute viele internationale Künstler wie die Bee Gees, Elton John, Gianna Nannini, Milva oder Lionel Richie. In Österreich waren es die beiden erfolgreichen Gruppen: STS sowie Ostbahn - Kurti und die Chefpartie. Vom Wiener Dialekt war ich ja schon seit 1970 infiziert (siehe Erinnerungen eines Sportreporters Part 1 über Peter Klein) und ich gebe gerne zu, ich liebe Doktor Ostbahn`s Lieder wie Bertl Braun, 57er Chevy, Radl noch Rio, Ka Idee, wos wü de wüde Hilde, Tequila Sunrise, Zuckagoschal und noch viele mehr. Und egal ob Stadthalle, Bank Austria Zelt oder Freiluft, ich erlebte etliche Konzerte, sang des Öfteren fröhlich mit und durfte natürlich auch hinter die Bühne,- heute würde man "backstage" schreiben. Oft ist es spät geworden, also eigentlich früh, es gab Imbiss mit Getränk und ich lernte so tolle Typen wie Texter Günter Brödl, der auch der Erfinder von "Ostbahnkurti" war, kennen, Prinz Karasek, Mario Adretti und die unschlagbare Lilli Marschall. Ich erinnerte Willi Resetarits an unser erstes Treffen in Freistadt – "jo, jezd was is wida, bei de Auto domois, oba gö, do woast um zwanzg Kilo weniga" – und ich musste ihm bekümmert recht geben.

Drei Jahre später fuhr ich zwei Tage vor der Semperit-Rallye ins Waldviertel, um neue Drehpunkte zu besichtigen und meine junge Frau wollte unbedingt mitfahren. "Ich fahr mit Dir die Strecke ab und bei der Gelegenheit können wir den Willi Resetarits besuchen!" Ich wollte wissen, ob er dort irgendwo Urlaub macht, aber nein – „Willi hat dort nahe einer Sonderprüfung ein Haus und freut sich, wenn wir ihn besuchen“. Die Rallyefans waren voll aufgeregt, das Duell Haider gegen Wittmann stand ins Haus, dazu mit dem Franzosen Loubet ein Weltklassepilot in Diensten von Ford, die besten tschechischen und polnischen Piloten und die komplette heimische Elite. Wir suchten das Haus, wussten die Kreuzung mit fünf Gebäuden und fanden den "Ostbahnkurti" samt Familie in einer alten, gut versteckten Hütte.

Trixi öffnete die schwere Türe und wir gingen in eine große, gemütlichen Wohnküche, mit uraltem Herd, viel Holz zum Heizen, drei Petroleumlampen, denn Strom gab es hier nicht. Klobige Holzsessel um den riesigen Tisch auf dem gerade „Mensch ärgere Dich nicht" gespielt wurde. "Spüts eh mid, gö?" war die bestimmende Frage und weiter "woits an Spritza?" Doch Willi wartete die Antwort erst gar nicht ab, ein Doppelliter wurde geöffnet und eine alte Sodaflasche dazu gestellt. "Wauns an Hunga hobts, an Speck hama und a Brot und an Liptauer gibt’s a!" Ich schaute mich um, kein Fernsehgerät, kein Radio oder Telefon, keine Heizung - aber Wasser aus dem Brunnen "meah brauchst do ned, dafia host a dei Ruah" erklärte der Hausherr und alle waren sichtlich zufrieden. Dabei zählte "der Kurti" schon damals zu den Topverdienern der österreichischen Popmusik, auch wenn seine Lieder stark an Country und Blues angelehnt waren und natürlich an Rock and Roll. "Wast, a bissl a Ruah hamma uns jezd vadient, nochn „ Espresso Rosi und jede Wochn Trost und Rat mid Dokta Kurt Ostbahn im Radio" brummte Willi und lauschte ein wenig missmutig einem röhrenden Rallyeauto. "De foan heid scho den gaunzn Tog wia de Bleden durchn Woid, oba guad, amoi im Joah soilln sas hobn. Und du mochst an Füm davo?" Ich versuchte Herrn Resetarits von der sportlichen Faszination dieser Rallye zu überzeugen – es gelang mir nicht. "Autofoan kennans jo scho und Zuschaua kumman sogoa mehr wia zu mein Konzert am Ostbahnplatz" meinte Willi nun doch ein wenig anerkennend – und damit war das Thema beendet und meine Niederlage beim "Mensch ärgere Dich nicht" freudig zur Kenntnis genommen.

Die Semperitrallye 1995 gewann dann Sepp Haider vor Wittmann und Loubet,- dem Kurti Ostbahn war dies aber "wuascht".

Nach mehr als zwei Jahrzehnten sahen wir einander wieder, bei der Präsentation seiner Autobiografie "Ich leben gerne, denn sonst wäre ich tot." Meine Frau hatte mich angerufen, sprach von Einladungen für seine besten Freunde und Weggefährten und wollte, dass ich sie begleite. Es war ein Wiedersehen, wie man es sich schöner nicht vorstellen könnte. "Jessas, die Karin! Huarchts zua Burschn und Burschinnen, es seids olle leowand, oba de Karin woa zehm Joah mei besta Menedscha" strahlte Herr Resetarits, nahm mich dann an den Schultern und wollte wissen "tuast no imma mid de Auto?" Ich verneinte wahrheitsgetreu und erzählte vom Golf spielen und vom Tauchen. "Na, des wa nix fia mi, do untam Wossa. Apropo, kummts gemma auf an Spritza" – und wir marschierten zu Dritt an die kleine, aber gut bestückte Bar.

Dreieinhalb Jahre später hat Willi Resetarits, der Ostbahnkurti von der Chefpartie, hat Doktor Kurt Ostbahn seine Augen für immer geschlossen. Seine Lieder haben mich 40 Jahre lang begleitet, seinen 57er Chevy, den Joker, die rote Anni und ihren Kavalier, den Romeo und den Pudel, die Nachtschicht und die Arbeit, all die Lieder und noch viele mehr werde ich sicher noch öfter hören.

Und ich werde auch oft an ihn denken. Sei vuasichtich Willi – und loss da nix gfoiln.

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