Erinnerungen eines Sportreporters: Die Karriere von Georg Fischer | 14.06.2021
Duell im Adamstal
Peter Klein erinnert sich dieses Mal an Georg Fischer, den Schwager von Franz Wittmann, der begnadete Rallye-Fahrer, der im Jahr 2016 viel zu früh von uns gegangen ist.
In meiner 33. Geschichte für motorline cc schrieb ich erstmals über den Herrn Diplom-Ingenieur, Sie erinnern sich, die „Kernseifenaktion“. Aber über Georg Fischer gibt es weit mehr zu berichten, als dass er mit Wittmanns Schwester Eva verheiratet war. Georg, ein Jahr älter als Franz, begann auch ein Jahr früher im Rallyesport zu siegen (1971 mit dem Volkswagen 1302 S bei der Kristallrallye).
Auch beim ersten direkten Aufeinandertreffen 1973 bei der Jänner-Rallye war Fischer dem zukünftigen Schwager voraus: beim fünffachen VW-Triumpf gewann der Deutsche Werkspilot Achim Warmbold vor dem Duo Fischer/Mikes ( mein Gott, über Co-Piloten fällt mir auch noch vieles ein ), Herbert Grünsteidl wurde Dritter vor Wittmann. Wer und wie also war Georg Fischer, „da Akademika“, wie ihn manche nicht gerade liebevoll bezeichneten. Manchen war er zu glatt, zu intelligent, zu erfolgreich, zu gebildet und auch zu schön, er hätte durchaus Finanzminister werden können. Aber er war auch ein „Bruder Leichtfuß“ und genoss sehr gerne die schönen Seiten des Lebens und übersah manchmal den Ernst des selben. Vor allem aber war Dipl. Ing. Georg Fischer der Liebling aller Schwiegermütter, wenn auch nicht immer deren Töchter.
Auf alle Fälle ergänzte Georg die Spitze des heimischen Rallyesports einfach perfekt. Der Wiener Schwager des Perfektionisten Wittmann aus Niederösterreich, ebenbürtiger Gegner des Quertreibers und Hoteliers aus Saalbach/Hinterglemm, Sepp Haider, der manchmal etwas mürrisch wirkende Autohändler Wilfried Wiedner aus dem Heiligen Land Tirol, Bestattungsfachmann Andi Stigler aus Oberösterreich, Heinz Klausner aus Kärnten, dazu noch so herrliche, gleichfalls sauschnelle Typen wie Lebemann John Peter Bittner, Werkstättenbesitzer Beppo Sulc, Edelschmied und nunmehr hochdekorierter Schnapsbrenner Norbert Karasek, der schnellste Postler Kurt Göttlicher, Graf von Harrach, Christoph Dirtl, Kris Rosenberger, Raphael Sperrer, Raimund Baumschlager,Gerhard Kalnay, Eric Wallner, Rudi Stohl und „last but not least „ die unvergleichliche Gabi Husar.
Herrschaften, man kommt direkt ins Schwärmen und es sind beileibe nicht alle, die in den 80er und 90er Jahren das A&O des österreichischen Rallyesports waren. In dieser Heerschar himmlischer Quertreiber konnte sich Georg Fischer stets behaupten, wurde drei Mal österreichischer Staatsmeister (1981–86–87) und stand auch im Ausland seinen Mann. Wie Schwager Wittmann beherrschte er sowohl Vorderrad- wie Hinterradantrieb und war auch im Quattro stets ein Sieganwärter.
International konnte Fischer gleichfalls überzeugen, doch bei der Auswahl seiner Starts in der Rallye-Weltmeisterschaft war der oft filigran wirkende Georg sehr anspruchsvoll, vor allem, was das gesellschaftliche Leben neben der Rallye betraf. Italien, Argentinien und vor allem Portugal zählten zu den Lieblingsdestinationen, nicht nur wegen der köstlichen Speisen und ebensolchen Rotweinen, nein, Georg wusste auch den Tawny Port, den im Alter gereiften Portwein zu schätzen.
Aber zurück, zum sportlichen Leben des Georg Fischer, der neben Erfolgen auch mit Niederlagen umzugehen verstand. Ein achter Rang 1975 in San Remo brachte die ersten WM-Punkte, Rang Sechs im Jahr darauf in Portugal war die Bestätigung seines Könnens. Griechenland und Finnland waren nicht die Lieblingsdestinationen, aber Portugal bescherte immer wieder WM-Punkte und der Klassensieg mit dem Peugeot 205 in San Remo 1985 wurde erfreut zur Kenntnis genommen. Sein langjähriger Co-Pilot Michael Weinzierl passte zu Georg wie dereinst Romeo zu seiner Julia. „Michi“ liebte Wein, Weib und Gesang, war perfekter Beifahrer und liebenswertes Schlitzohr.
Und so begab es sich zur Winterzeit im Raum Freistadt, ich denke es war 1983, als Wittmann der Konkurrenz im Quattro auf und davon fuhr und ein beinhartes Duell zwischen Gerhard Kalnay im Opel Ascona 400 und Georg Fischer im Mitsubishi Lancer um Rang Zwei entbrannte. Neben dem Sankt Pöltner Kalnay saß mit Ferdinand Hinterleitner ein Co-Pilot besonderer Güte, doch ein Dreher auf blankem Eis kostete eine halbe Minute und in dieser Sonderprüfung tauchten bald die Scheinwerfer des Lancer im Rückspiegel auf.
Am Vorstart der darauffolgenden Sonderprüfung stieg Michael Weinzierl aus dem Mitsubishi, zückte ein Papiertaschentuch, ging nach vorne auf die Fahrerseite von Kalnays Opel, reinigte wortlos den Seitenspiegel, lächelte dem verdutzten Piloten zu, winkte freundlich und bestieg wieder den Mitsubishi. Nun war Kalnays Nervenkostüm ziemlich angegriffen, wütend startete er in die Sonderprüfung und steckte neun Kilometer später im fast einen Meter hohen Schnee. Fischer/Weinzierl wurden Zweite und Kalnay ging mit Weinzierl nie mehr auf ein Bier.
Über die Niederlagen und Enttäuschungen im Leben des Georg Fischer will ich nicht berichten, von rund 150 Rallyes kam er rund 100 Mal ins Ziel. Zu feiern gab es in der Folge dennoch genug, Rang Vier 1989 in Argentinien und Zweiter bei der Himalayarallye, ein überlegener Sieg bei der Saturnusrallye 1990 vor Raphael Sperrer, und Rang Vier ein Jahr später bei der „Semperit“. Keiner konnte wie er derart akribisch zur Sache gehen, analysieren und vollziehen. Er wollte fliegen,- also machte er den Flugschein, er lehrte als Fahrinstruktor ruhig und konsequent und auch als Fachjournalist für das österreichische Automagazin „Alles Auto“. Und er ging auch den Jakobsweg um über sein Leben, seine Rallyes und seine Freunde nachzudenken. Ich gehörte nicht zu seinen engsten Freunden, war aber stets Bewunderer seiner Fahrkünste, seiner Analysen und gepflegten Interviews.
2014 wurde bei Georg Fischer Krebs diagnostiziert, Tochter Stefanie erzählte mir im Sekretariat des Golfklubs im Adamstal über Genesung und erneute Erkrankung . Georg hatte sich in das Häuschen zwischen Ramsau bei Hainfeld und dem Golfplatz des Schwagers Wittmann zurückgezogen. Bei meinem einzigen Besuch erzählte er aus der Vergangenheit, seiner „Schreiberei“ für „Alles Auto“ und seiner Liebe zum Fliegen. Er war schmal geworden, in diesem Frühling 2016 und die Krankheit hatte seine Augen müde gemacht. Am 21. November ging der dreifache Rallyestaatsmeister von dieser Welt und auf dem Friedhof in Wien/Simmering dachte ich: warum hast Du ihn nicht noch einmal besucht.
Georg Fischer, einer wie er fehlt sehr!