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Erinnerungen eines Sportreporters: Mein Gott Walter …
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Erinnerungen eines Sportreporters: Mein Gott Walter …

Gestern wurde einer der Allergrößten stolze 75 Jahre alt: Walter Röhrl. Dabei sorgte nicht nur sein beizeiten loses Mundwerk über die Jahre dafür, dass es reichlich zu ihm zu erzählen gibt. Peter Klein wirft für uns seinen persönlichen Blick zurück. Auf seine Anfänge, die vielen tollen Interviews und Gespräche, die Erfolge und noch so vieles mehr.

Peter Klein für den Motorline Paddock Corner

Mein Gott Walter … jetzt bist Du 75 geworden, bist in einem Alter, wo manche aus dem Seniorenheim winken, sich in diversen Kuranstalten mit Unterwassergymnastik abmühen, in Rehabilitationszentren versuchen, wieder auf die Beine zu kommen oder schon froh sind, zu Fuß die nächste Bank zu erreichen. Und was machst Du? Testest nach wie vor verschieden Automarken, sagst bei Porsche noch immer was Sache ist, gibst Fahrunterricht wie zum Beispiel noch vor sechs Wochen im eiskalten Salzburger Lungau ("es tät helfen, waun ma in da Kurvn vom Gas geht") und putzt auch schon Deine Golfschläger für die neue Saison auf Hochglanz! Ich hoffe, ich sehe Dich bald wieder im Golfklub Adamstal bei Deinem alten "Spezl" Franz Wittmann und wir plaudern dann mit Rudi Stohl über die gemeinsamen Erlebnisse. Rudi, der ja auch bald 75 wird, ist noch immer stolzer Besitzer Deiner signierten Autogrammkarte aus dem Jahr 1975. Damals, als Du noch Jochen Berger im Opel Ascona als Co-Pilot hattest und Deine erste Akropolisrallye gewinnen konntest – mit mehr als einer halben Stunde Vorsprung auf den legendären Siroco im Renault Alpine. Und seit der ARBÖ-Rallye 1977 zählen auch Sepp Haider und Franz Wittmann zu Deinem Freundeskreis. Du warst schon damals auf Schotter mit dem Porsche 911 nicht zu schlagen. Franz und Sepp belegten jeweils in einem Opel Ascona die Plätze Zwei und Drei.

Ich habe Dich erst 1980 in Athen kennengelernt, Du hattest zuvor schon bei der "Monte" und in Portugal Deine Gegner förmlich deklassiert und warst am Weg zum ersten Weltmeistertitel. Ein wesentlicher Teil Deiner Erfolge war auch Deine Fitness. Ich sah Dich mit dem Rennrad von Lagonisi in den Süden nach Kap Sounion fahren, hin und retour knapp 60 km und Du warst nach etwas mehr als zwei Stunden zurück! Und Du hast mir damals am Start unterhalb der Akropolis ein tolles Interview gegeben, als Werksfahrer bei Fiat. Hast respektvoll über Deine Gegner gesprochen und mir erklärt, wie wichtig die "Privatfahrer" wären und dass Männer wie Wittmann, Stohl oder Haider eigentlich "viel mehr Aufmerksamkeit" verdienen würden. Im darauf folgenden Jänner warst Du interessierter Zuseher in Freistadt in Oberösterreich, wolltest wissen, wie das so ist "waunn vier Radln aschiabn" – wie Du Wittmanns Quattro-Weltpremiere in meinem Interview bezeichnet hast. Damals war für Dich noch kein Platz im Audi-Team, man vertraute Mikkola, Blomquist und Michelle Mouton,- also hast Du bei Opel unterschrieben und bei der "Monte" Hannu Mikkola mit fast vier Minuten Vorsprung auf Rang Zwei verwiesen. Zwei Monate später ein Lenkungsbruch im Opel Ascona 400 bei gut 140 km/h und Du sagtest mir ins Mikrofon: "I werd nie wieda schnö foan kennen, nie mehr Vertrauen haben, werd imma drau denkn"! Du hattest aber genug Vertrauen in Afrika, als Du in Kakamega nach der Zwangsrast von einem problemlosen Opel erzähltest und doch ein wenig erstaunt über Stohl warst "schau da des an, no imma do, die Lada ."

Die Safari war ja immer irgendwie ein Feindbild von Dir lieber Walter: "do foarst üba soiche Stoana und tuast nua s´Zeig ruiniern" und einmal hast Du Dich fürchterlich über Shekhar Mehta aufgeregt. Es war bei einer Zeitkontrolle kurz vor Mombasa, vor Dir stand der Nissan Violet von Shekhar und Du warst ein wenig fassungslos: "I hob den Kerl vor mehr ois 100 Kilometa übahoit – und jezd steht dea vua mia, wia gibst denn des?" Du wurdest dennoch zum zweiten Mal Weltmeister, trotz Mehtas "Schneider" und Audis Allradtechnologie. Ich weiß nicht, wie Du in die geile Flunder, in den Lancia 037 im Jahr 1983 immer wieder reingekommen bist, aber es war sichtlich egal, Du hast mit jedem Auto grandiose Siege gefeiert. Mit dem Lancia erneut in Monte Carlo, Griechenland, Neuseeland und auch in Deutschland.

Und dann die glorreichen Jahre mit dem Audi Quattro Sport und dem traurigen Ende 1986 in Portugal, als es den schweren Unfall von Joaquim Santos auf der ersten Sonderprüfung Lagua Azul mit drei Toten und unzähligen Verletzten gab. Da warst Du, Walter Röhrl, der erste Pilot, der auf sofortigen Abbruch plädierte und in der Folge alle Werkspiloten diesen WM-Lauf beendeten. Auch alle österreichischen Teilnehmer folgten Deinem Ruf: Gabi Husar, Franz Wittmann und Rudi Stohl. Es war das Ende der Gruppe B-Autos im Rallyesport.

Aber wir verloren uns deshalb nie aus den Augen, denn es gab ja noch den Audi 200 Quattro! Mit dieser Limousine waren Siege kaum noch möglich; zu groß, zu schwer, aber immerhin wurde "der Lange" noch Dritter in Monte Carlo und wünschte sich in der Folge Rudi Stohl als Testfahrer für die Safarirallye in Kenia. "Rudi foa wos des Zeig hoit, waun ma scho so bled sein, dass ma durt foan, dann soll der Karrn a hoitn". Es gab bei der letzten Safarirallye für Röhrl Rang Zwei hinter dem Teamkollegen Hannu Mikkola und Walter brummte im Ziel "waun i gwusst hätt, dass da Audi so guat hoit, hätt i mea Gas gebn" …

Danach folgte eine Karriere als Rundstreckenpilot bei der amerikanischen Trans-Am und IMSA Serie und ich erinnere mich noch gut an das Qualifying in Sears Point, bei dem es nach wenigen Minuten heftig zu regnen begann. Alle Teilnehmer kamen in die Box, um abzuwarten, nur Walter begehrte Regenreifen und meinte kurz: "jezd zag ma amoi dena Burschen, wia ma wirklich Auto foahrt" – und knallte eine Bestzeit hin, an die später bei nur noch feuchter Strecke keiner herankam! Natürlich sollte in Amerika ein amerikanischer Pilot gewinnen und so ließen manchmal Walter Röhrl oder auch Hans Joachim Stuck dem Teamkollegen Hurley Haywood charmant den Vortritt ... Zu dieser Zeit war Walter Röhrl meines Wissens der einzige Top-Rallyepilot, der auch auf der Rundstrecke große Erfolge erzielen konnte. Unvergessen auch sein Husarenritt auf den Pikes Peak, als Röhrl mit dem Audi S1, auf der damals noch Schotterstrecke, als erster Mensch die rund 20 Kilometer unter 11 Minuten fuhr.

Selbst nach knapp 42 Jahren ist Walter Röhrl für mich noch immer eine tolle Persönlichkeit, ein absoluter Fachmann im Auto und das, was man einen "grodn Michl" nennt. Noch immer sehr sportlich, noch immer sehr sparsam auf liebenswürdige Art. Er freut sich sehr, wenn er an der Rezeption eines Golfklubs einen Logoball geschenkt bekommt ( "des Zuig is eh olles so teier wurn") und ärgert sich maßlos, wenn er diesen gleich am ersten Loch irgendwo unauffindbar im Wald versenkt. Man könnte Bücher über "den Langen" schreiben und das haben auch sogenannte Edelfedern schon getan. Von mir gibt es die Erinnerungen auf motorline.cc (1982 Röhrl-Wittmann Stohl und weitere Geschichten) und ich freue mich auf ein weiteres Wiedersehen bei einer Golfrunde bei Franz Wittmann im Adamstal. Und dem geneigten Leser empfehle ich die grandiosen Filme von Helmut Deimel "Röhrl`s Katze" oder auch "Röhrl`s erster Streich" – Weltklassefilme über einen Weltklassemann, dessen turbulentes Leben auch mit 75 Jahren weitergeht ...

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