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Erinnerungen eines Sportreporters: Walter, vor 28 Jahren!
Fotos: Porsche, Archiv Walter Lechner, Peter Klein privat

Walter, vor 28 Jahren!

Peter Klein blickt zurück auf Walter Lechner sen. und Alexander Wurz, der Rallyesport ist mit einer spannenden Nennliste im Jänner 1983 aber ebenso ein Thema wie die Rundstrecke.

Peter Klein für den Motorline Paddock Corner

Nein, keine weitere Geschichte von meinem Freund und Co-Piloten Walter Blieberger (Kolumne: Co-Pilot, ein Leben lang), diesmal erinnere ich mich an einen Mann, den ich vor bald vierzig Jahren kennen gelernt hatte, Walter Lechner. Dies wird auch kein Nachruf auf den leider unlängst verstorbenen und bis zuletzt umtriebigen Rennschul- und Rennstallbesitzers, meine großartigen Kollegen Gerhard Kuntschik von den Salzburger Nachrichten und Gerald „Enzo“ Enzinger haben dies schon trefflich und liebevoll getan.

Es war auf dem Österreichring und es war ein unglaublicher Crash, den Walter Lechner produziert hatte. Das Wrack wurde auf einem LKW in die Boxenstraße gebracht und ich befürchtete das Ärgste. Von einem schweren Unfall berichten zu müssen war mir stets ein Gräuel, leider ließ sich das im Verlauf meiner journalistischen Laufbahn nicht vermeiden. Ich stand also ziemlich nachdenklich vor dem Totalschaden als ein Stimme aus dem Hintergrund bemerkte: „Na servas, des woa a feste Brezn.“ Ich drehte mich um und da stand er, der Formel-Ford Europameister. Nicht gerade ein Hüne von Gestalt, im Augenblick auch ein wenig bekümmert ob des kapitalen Schadens, aber breitschultrig, entschlossen und willig ein Interview zu geben. „Oba mocht´s ma a Brustbüdl, damit ma olle Sponsoren siecht“, forderte er und erzählte dann über sein Missgeschick.

Etwa vier Jahre später sahen wir einander wieder. Walter war hauptsächlich in der deutschen Formel Ford 1600 im Einsatz, Formel 3 Cup und Can Am Serie, als ich ihn im Jänner 1983 auf der Nennliste der prestigeträchtigen Castrol-Jänner-Rallye fand. Na super, dachte ich mir, jetzt springen neben den Rallyecross-Piloten und Skifahrern auch noch die „Kreis-Fahrer“ auf . Es hatte tatsächlich auch Formel-1-Pilot Marc Surer mit einem Talbot genannt, Werner Grissmann mit einem Audi 80 Quattro und Lechner mit einem Porsche 911 SC.

Nennliste und Ergebnis Castrol-Jänner-Rallye 1983

Natürlich können Skifahrer und Rundstreckenpiloten Auto fahren, aber auf eisigen Rallyepisten… Vorweg, Grissmann bewies Talent, aber keinen Trainigseifer, Marc Surer war kein Konkurrent für Markenkollegen Rallycrosser Herbert Grünsteidl und Walter Lechner meinte schon im Vorfeld der Rallye: „Wos da Fraunz, da Sepp, di Gabi oda da Schorschi (Anm.: Wittmann, Haider, Husar, Fischer) foan, do kennan mia nua applaudiern.“ Lechner fuhr diese eine Rallye und kehrte reumütig auf sein Terrain zurück, Grissmann versuchte sich noch weitere 15 Rallyes, darunter auch WM-Läufe mit wechselnden Erfolgen. Die bitterste Erfahrung machte Marc Surer bei der Hessen-Rallye 1986. Nach einem schrecklichen Unfall verlor Co-Pilot Michel Wyder sein Leben.

Zu diesem Zeitpunkt gab es schon die sehr erfolgreiche Walter Lechner Racing School. Im Verlauf der Jahre feierte Walter selbst unzählige Erfolge in allen möglichen Serien und auch in der Sportwagen-Weltmeisterschaft. Lechners Ruf als verlässlicher Partner brachte nicht nur Sponsoren, sondern auch hoffnungsvolle Schüler nach Salzburg. Roland Ratzenberger Stefan Bellof, Franz Tost und auch der aktuelle Mercedes Motorsportchef Toto Wolff waren darunter, bis 1990 ein junges, großes Talent in die Formel Ford kam: Alexander Wurz.

Mit seinem Vater Franz hatte ich auch nach der so erfolgreichen Argentinienrallye 1983 engeren Kontakt und war auch 1987 bei der Eröffnung des ÖAMTC-Fahrtechnikzentrums im südlichen Niederösterreich zu Gast. Vier Jahre später trafen wir einander und der gute Franz bat um Hilfe. „Der Bua foat im Jänner in Neuseeland a Rennserie und mia brauchn a Medienpräsenz, kaunst ned a Gschicht mochn?“ Die Flug- und Hotelkosten übernahmen Sponsoren, ich bot die Story dem „Sport am Montag Ressortleiter“ an und Sigi Bergmann überlegte kurz.

„Ende Jänner gibt es nur Skifahren und Skispringen, vielleicht auch noch die Emese (Anm.: Hunyady – 1994 Eisschnellauf-Olympiasiegerin 1500 m) dazu Sommer in Neuseeland, das passt.“ Mit dieser Zusage plante ich sofort eine Urlaubs-Dienstreise, die ich nie vergessen werde. Drei Monate vor meiner geplanten Hochzeit griff ich in meine „Portokassa“ und buchte Weihnachten in Hongkong, Sylvester in Australien und dann ab auf die Südinsel von Neuseeland.

Im Prinzip wurde es eine vorweg genommene Hochzeitsreise, die in Arbeit enden sollte. Nach Hongkong ging es Silvester nach Cairns und Port Douglas, natürlich mit einem Tagesausflug zum Great Barrier Reef wo ich meine Liebe zum Tauchen entdeckte. Am Tag nach den Heiligen drei Königen wurde es dann dienstlich – Landeanflug in Christchurch und mit dem Leihwagen via Timaru nach Invercargill wo Alexander Wurz im Team von Walter Lechner das erste Rennen der Serie Formel Ford bestreiten sollte. Mein Kamerateam war schon zwei Tage zuvor eingetroffen und hatte sensationelle Aufnahmen von Land und Leute gedreht. Ich freute mich ehrlich, den witzig/charmanten Lechner wieder zu treffen und ließ mich gerne über seinen Schützling informieren.

Alexander war in Österreich 1991 Vizemeister geworden, galt als Riesentalent und sein Ehrgeiz war spürbar. Auch seine Eltern Berta und Franz sowie Bruder Christoph waren nach Neuseeland gekommen und ich bekam das Gefühl, dass Alexander irgendwie im Schatten des großen Bruders stand. Der Erstgeborne war dem Vater auch weit ähnlicher und sichtlich Mutter Bertas Liebling, aber vielleicht war alles eine Fehlinterpretation. Ich fand Gelegenheit, alleine mit Alexander zu sprechen, ganz ohne Kamera und Mikrofon und hatte sofort einen guten Draht zu ihm.

Ich hatte das Gefühl als wäre der große, schlaksige Typ einsam als suche er mit knapp 18 Jahren Anerkennung und Liebe. Walter Lechner wurde sehr nachdenklich als ich ihn darauf ansprach. „Den Buam muass ma aufbaun, dea kaun wos werdn, dea is richtig guat, a mit sein Fimmel!“ Den „Fimmel“ sah ich am ersten Renntag in der Boxenstraße: Alexander trug einen roten und einen blauen Rennschuh und auch einen extravaganten Helm, dessen Design er selbst entworfen hatte.

Walter Lechner nahm ihn zur Seite, sprach eindringlich, aber ohne Hektik. Alexander lächelte mir freundlich zu und zum ersten Mal fielen mir seine unglaublich blauen Augen auf. Irgendwie brachte er seine 1,85 Meter im Ford unter, als Walter Lechner alle verscheuchte und kurz vor dem Rennen seine letzten Anweisungen gab.

Mein Kamerateam stand am Ende der Start-Ziel Geraden und Alexander Wurz hatte einen sensationellen Start, kam vom 6. Startplatz bis auf Rang Zwei und wurde nach drei weiteren Renntagen Dritter der Gesamtwertung. Ich begleitete ihn journalistisch noch zwei weitere Jahre, Alexander wurde 1992 österreichischer Meister in der Formel Ford und im Jahr darauf auch in der Formel 3 – seine weitere Laufbahn ist bekannt.

Für mich bleibt dieser Jänner 1992 sicher in ewiger Erinnerung. Mein erster langer und so aufregender Urlaub mit zukünftiger Gattin, das gemeinsame Erkunden der Unterwasserwelt – die Liebe zum Tauchsport. Das erste Mal auf der prachtvollen Südinsel von Neuseeland und das Kennenlernen zweier derart verschiedener Menschen. Walter ist inzwischen oben angekommen und sucht vielleicht mit Petrus neue Talente. Ich erfreue mich auf Erden noch der launigen Kommentare eines Alexander Wurz im ORF und an der Tatsache, dass ich ihn auf dem Weg in die höchste Rennklasse ein Stück begleiten konnte.

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