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Von Oberwart ins Werksteam

Endlich in der WRC angekommen, hatte Manfred Stohl mit seiner Co-Pilotin Ilka Minor hart zu kämpfen. Es sollte sich aber auszahlen, wie uns Peter Klein in diesem Beitrag zu erzählen weiß.

Peter Klein für den Motorline Paddock Corner

„ Jezd war ich grad bei Prodrive und hab Testfahrten g`macht" erzählte mir Manfred Stohl eher beiläufig und überrascht mich mit dieser Meldung. Tommi Mäkinen war von Mitsubishi zu Subaru gewechselt und kannte Manfred ja aus vielen gemeinsamen Jahren. „Die sollten dir lieber ein Werksauto geben" entgegne ich und weiter „sonst fährt ihnen der Grönholm das ganze Jahr um die Ohren“. Und Manfred stöhnt vor sich hin „da könnte ned amoi unser Importeur und a ned der Tommi was machen, aber jezd mechat ich schon boid amoi a richtig schnös WRC bei der WM foarn, oba ned nua an Lauf! Oba jezd foama amoi im Burgenland und wean eana zeign, dos ma mit an Focus sehr woil gwinna kaun.“

Was Baumschlager ein ganzes Jahr nicht gelungen war, wollte „Stohlito“ 2002 also gleich beim ersten Einsatz erledigen und das auf Asphalt gegen einen Raphael Sperrer im Peugeot WRC? Ich fuhr damals wie schon die Jahre zuvor mit den Männern von P3 tv nach Oberwart ins Messegelände, um für den ORF zu berichten. Es wurden wie gewohnt Kameras montiert und ich war voller Zweifel,- Raphael auf Asphalt zu schlagen schien mir beim ersten Einsatz fast unmöglich. Aber tatsächlich blieben Manfred und Ilka 15 Sekunden vor Raphael und der Sieg auf Ansage war ein weiteres Drängen auf WM-Einsätze im WRC. Aber dort gab es 2002 nicht viel zu holen, - sehr wohl aber spektakuläre Szenen wie zum Beispiel ein prächtiger Überschlag bei der Lavanttal-Rallye wo eine Minute später auch Raphael Sperrer zu liegen kam, oder auf Zypern die kerzengerade Abfahrt über eine Böschung. Zwar folgten drei weitere Siege bei heimischen Rallyes, bei denen die Konkurrenz arg vermöbelt wurde, aber international gab es am Ende der Saison nur einen 12. Rang unter 17 Gruppe A-Autos in England. „Völlig wurscht, wennst Werksfahrer wia an Erikkson, Kresta oder Latvala hinter dir lasst, für an 12. Platz kriagst ned amoi die Hand“ knurrte mir Manfred im Ziel in Cardiff entgegen.

2003 gab es nur wenige Highlights, weil sich vor allem kein brauchbarer Untersatz angeboten hatte. Vollmundig hatte der britische Manager von Hyundai bei einer Pressekonferenz Stohl in den Himmel gelobt,- ich selbst hatte aber ein denkbar schlechtes Gefühl für dieses Projekt. Die Koreaner waren damals einfach noch nicht konkurrenzfähig und schon der erste Einsatz in Griechenland wurde zum Desaster. Die Werkspiloten Schwarz, Loix und Valimäki fehlten nach Defekten schon nach 9 von 22 Sonderprüfungen – Stohl schleppte als 11. den Accent mühsam ins Ziel und nach dem WM-Lauf in Deutschland beendete man seitens der OMV das grausame Spiel.

Am Ende der Saison aber dann doch eine tolle Rallye in Wales bei der Stohl 7. werden konnte. Bei diesem WM-Lauf gab es den ersten Kontakt zu BOZIAN, dem französischen Semi-Werksteam von Peugeot mit den drei Profis Loix, Kresta und Pykalisto jeweils im Peugeot 206. Mit dem gleichen Auto ging auch Stohl an den Start und musste nur Loix den Vortritt lassen. „Es geht nix weida“, stöhnte mir Manfred am Flughafen Cardiff ins Mikrofon „und jezd bin i scho 31!" Ein Jahr nach der Firmengründung in Groß Enzersdorf gab es zwar geschäftlich enormen Aufschwung, aber sportlich kam man nicht von der Stelle. Auch nicht 2004 und doch sollte dieses Jahr für Manfred und Ilka zumindest eine Vorentscheidung bringen!

Bei der Akrolpolisrallye lag Stohl am Ende des 2. Tages an 7. Stelle, als ich im Servicepark von Lamia meine Interviews mit Petter Solberg und Sebastien Loeb erledigt hatte. Damals war Guy Frequelin Teamchef bei Citroën und Mentor von Loeb, als er mich herzlich begrüßte. Wir kannten einander seit Kenia 1984, als Frequelin noch Pilot bei Opel war. Der schlaue Franzose wusste natürlich, dass Manfred der Sohn von Rudi war, seitens der OMV hatte man auch bei Citroën angefragt und Guy wollte meine Meinung über „Stohlito" wissen. Und vermutlich war der 8. Gesamtrang von Stohl unter schwierigsten Bedingungen beim WM-Lauf in Wales Grund dafür, dass schon bald die Türe zu Citroën aufgegangen war. Vier Monate später saßen Manfred Stohl und Ilka Minor bei der Rallye Monte Carlo erstmals in einem Werksauto im KRONOS - TEAM, dem Citroën Xsara WRC.

„Große Dinge zu vollbringen, woa mei allergrößter Wunsch" klang es am 21. Jänner 2005 in Monaco in den Ohren von Manfred Stohl. Dieses Lied von Georg Danzer war sein ständiger Begleiter geworden und nun wollte er „große Dinge" endlich auch an den Tag bringen. Den Blick nach vorne suchte Manfred den Vergleich mit den Werkspiloten von Citroën: Loeb und Duval. Doch sechs Sonderprüfungen lang ist eine 11.schnellste Zeit das Bestem das Stohl vorzuweisen hat. Die Enttäuschung ist Manfred anzusehen, als er im Service vom Ausfall Duvals erfährt und er dennoch nur weit abgeschlagen scheint. Citroëns Cheftechniker erscheint mit seinem Laptop, liest die elektronischen Aufzeichnungen, lobt Manfreds bisherige Leistung und zieht sich mit besten Wünschen wieder zurück. Und siehe da, ab diesem Zeitpunkt fährt Stohl permanent in den Top-Ten, überholt Gegner um Gegner. Und mit einer drittschnellsten Zeit auf der 31 km langen sowie letzten Sonderprüfung überholt er auch noch Harry Rovanperä und wird noch Gesamtsechster. „I was ned, mia kummt des olles komisch vua, di hoibe Rallye nix – und daun geht’s auf amoi?“

15 A8 WRC sind in Neuseeland am Start und als wir noch in Auckland am Abend vor dem Start diskutieren bin ich der Meinung; „Neuseeland liegt dir, da bist du immer gut gefahren“ – doch Manfred ist skeptisch. „Waun des Auto so geht wia am End bei der Monte warat i scho froh!“ Loeb gewinnt, Duval wird Vierter und Stohl quält sich lange Zeit um Rang Zehn, bis er die Rallye schließlich nur auf Rang 9 beendet.

Auf Sardinien urgiert Manfred schon nach drei Sonderprüfungen beim Service in Olbia andere Reifen- „I hät gern die söben wia da Loeb" – der Wunsch wird nicht erfüllt und so gibt es wieder nur Rang 9.

Auch auf Zypern bin ich mit Kamerateam vor Ort, als Manfred ohne Rücksicht auf Verluste startet, Duval mächtig unter Druck setzt und Belgiens Nummer 1 zeigt Wirkung. Ein einziger Fehler und Duval liegt schon nach drei Prüfungen mit über zwei Minuten Rückstand auf Stohl hoffnungslos zurück. Am Serviceplatz in Lemesos kommt wieder einmal der Mann mit dem Laptop, zeigt sich von Manfred begeistert und sichert ihm auch die gewünschten Reifen zu. Der Rest ist Geschichte, denn drei Prüfungen später ist Manfred Gesamtzweiter – und bleibt es bis ins Ziel. Mit Respektabstand zu Loeb nach vorne, aber auch mit Respektvorsprung auf die Konkurrenz gibt es einen Doppelsieg für Citroën und für das Duo Stohl/Minor die bislang beste Platzierung bei einem Weltmeisterschaftslauf.

Aber auch nach diesem Erfolg fühlte sich Manfred im Team nicht besonders wohl, sah sich nach wie vor nur als Nummer Drei, obwohl er sehr oft schneller als der Werksfahrer Francois Duval war. In Wales die bekannt sehr gute Leistung mit Platz Fünf und als Loeb in Australien nach einem Unfall ausfiel, genoss Manfred wieder die volle Werksunterstützung. Mit dem dritten Gesamtrang verabschiedete sich Stohl von Citroën und wechselte in das Team von Bozian, welches vom Peugeot Werksteam die Autos von Grönholm und Co übernommen hatte. 2006 fuhren Stohl/Minor 16 WM-Läufe, also auch alle jene, die sie im Jahr zuvor mit dem Citroën Xsara WRC gefahren waren. Es war eine Liebe ab dem ersten Kilometer und das Vergleichen mit den Sonderprüfungszeiten des vergangenen Jahres stimmen mich heute noch nachdenklich.

Doch darüber berichte ich kommende Woche, hier, auf motorline cc und auf motorline fb

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