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Erinnerungen eines Sportreporters: Wittmann – Fortsetzung folgt
Fotos: Peter Klein privat

Wittmann – Fortsetzung folgt

Peter Klein erinnert sich zurück an Franz Wittmann, der vom Audi quattro in den frontgetriebenen VW Golf wechselte und davon träumte, einen WM-Lauf zu gewinnen. Und es blieb nicht beim Traum!

Peter Klein für den Motorline Paddock Corner

Natürlich ist das Thema „Sperrer“ noch lange nicht beendet, doch nach meinen niedergeschriebenen Gedanken von Südafrika, fiel mir wieder einmal das Waldviertel ein. Damals, 2001 im November, der gnadenlose Dreikampf Wittmann – Stohl jun. – Sperrer. Und da ist er wieder, der „Wittmann Franz“ – seine Erfolgsstory war ja lange nicht zu Ende, sie ging 1982 weiter und endete erst 20 Jahre später! Und wieder fallen mir so viele, liebenswerte Erinnerungen ein. Die Besuche im Adamstal, die köstlichen Speckjausen, das Kartenspiel nach der Sauna, das Kennenlernen seiner zukünftigen Frau (Rolanda wäre als Miss Niederösterreich glatt durchgegangen). Mir hat Franz immer imponiert mit seiner Zielstrebigkeit, seiner Professionalität und penibler Einstellung zu seinem Sport. Drei Gesamtsiege 1982, und gleich neun im Jahr darauf, dazu noch das Sägewerk des Vaters übernommen und einen Sohn gezeugt. 1983 war vielleicht das beste Jahr im Leben des jungen „Herrn vom Gaupmannsgraben“ – das erfolgreichste sollte noch kommen.

Ein Meistertitel folgte dem vergangenen, die Konkurrenz in Österreich war chancenlos bis das Projekt Audi Quattro, nach einem Unfall bei der Jänner-Rallye 1985, in Österreich plötzlich zu Ende war. Aber auch im VW Golf bewies Wittmann danach zwei Jahre lang seine Klasse,- doch Gesamtsiege waren nicht mehr möglich. Und Franz war kein Platzfahrer, er war ein Sieger, gewohnt ganz oben zu stehen – und bastelte an einem neuen Projekt. Zur gleichen Zeit war Rudi Stohl in aller Munde, der zweifache „österreichische Motorsportler des Jahres“ war beim WM-Lauf in Neuseeland mit einem Serienmotor im Audi Dritter in der Gruppe A geworden – und damit Vize-Weltmeister.

„Moch a Rallyegschicht“, sagte Sigi Bergmann in einer „Sport am Montag“-Sitzung zu mir. „Du hast zehn Minuten Sendezeit, moch a guate Gschicht, die Leit wolln das!“ Und so überlegte ich im stillen Kämmerlein zu Bad Vöslau: Stohl hatte in diesem Jahr reichlich Sendezeit, auch Wiedner mit seinen Seriensiegen in Österreich, Sepp Haider fuhr vorrangig die deutsche Meisterschaft und Wittmann, erstmals im Schatten der Konkurrenten, plante etwas Neues. Ein Filmkonzept entstand, einen Vergleich der heimischen Amateure gegen die internationalen Profis wollte ich zeigen, warum ein Österreicher zwar tolle Erfolge – aber nie in der Weltmeisterschaft gewinnen konnte. Und so fuhr ich wieder einmal Richtung Hainfeld und in den Gaupmannsgraben um Wittmann im täglichen Leben zu zeigen und über die Zukunft zu befragen.

Und Franz erzählte über das Projekt Lancia, mit dem Delta HF wollte er wieder gewinnen, wollte Siege feiern – und nicht nur in Österreich. „I mecht amoi mit an identen Auto an WM-Lauf gscheit trainieren können und vielleicht auch do gwinnen.“ Ich blickte ihn ungläubig an: „Einen Weltmeisterschaftslauf gewinnen, ist das überhaupt möglich?“ Und Wittmann blickte mir stolz und überzeugt in die Augen „Warum nicht?!“ Es war beileibe kein Werksauto mit dem der gute Franz in die Saison 1987 ging und im Februar bei der Schneerosenrallye nur Dritter wurde, aber den Sieg im Lavanttal gegen seinen Schwager Georg Fischer auf der letzten Sonderprüfung – weil er seinen Vorsprung ins Ziel bringen wollte – um eine (!) Sekunde verspielte.

Doch im heimischen Sommer ging auf der anderen Seite der Erde für Franz die Wintersonne auf. Jörg Pattermann nahm, nach zweijähriger Pause, wieder am Beifahrersitz Platz und die Zwei zählten in Auckland plötzlich zu den Mitfavoriten neben Stig Blomqvist und Brian Stokes jeweils mit einem Ford Sierra 4x4, Kenneth Eriksson im reinrassigen VW-Werksauto Golf II GTI 16 V, dem einheimischen Werksfahrer von Subaru „Possum“ Peter Bourne und den weiteren Neuseeländern in werkseigenen Mazdas 323 Allport, Wilson und Teesdale. Franz hatte zuvor knapp 600 Sonderprüfungskilometer ausgiebig besichtigt und am ersten Tag der Rallye gab es lange Zeit permanente Führungswechsel bis zur ersten, rund 25 km langen Sonderprüfung Mahoe Road, als Wittmann mit gewaltiger Bestzeit den führenden Eriksson an der Spitze ablösen konnte – und Stig Blomqvist nach Unfall aufgeben musste.

Ab diesem Zeitpunkt reduzierte sich das Duell an der Spitze auf Wittmann – Eriksson – Bourne, doch selbst er konnte als Einheimischer das Tempo auf der Nordinsel Neuseelands nicht lange halten. In Rotorua, am Ende des zweiten Tages stand Wittmann im Hotel vor dem Aushang nach 27 Sonderprüfungen. Er hatte 14 davon gewonnen und führte mit 40 Sekunden Vorsprung. Ich näherte mich und sagte zu ihm: „Erinnerst Dich, wie Du mir zu Hause gesagt hast, Du kannst auch einen WM-Lauf gewinnen, warum nicht?“ Und Franz lächelte ein wenig verlegen und meinte noch: „Wenn i Zweiter wird, is a guat.“ Da wurde ich richtig böse und fauchte ihn an: „Franz, wenn Du das verscheißt, wenn Du jetzt wieder taktisch fährst und so eine Riesenchance auslässt bin ich so wirklich sauer auf Dich.“ Ich wollte unbedingt von einem österreichischem Sieg berichten, Filmtitel wie „Sieg bei den Maoris“ oder auch „Wittmanns Sieg bei den Geysiren“ schwebte mir vor…

Auch Jörg Pattermann drängte nun auf den ersten WM-Sieg und als Eriksson den dritten Tag mit einer Bestzeit auf SP 28 begann, konterte Wittmann auf der 29. mit fulminanter Bestzeit. Über knapp 25 Kilometer war er mehr als eine halbe Minute schneller als Eriksson und Bourne. Doch der schlaue Schwede gab sich noch nicht geschlagen und hatte mit Peter Diekmann Wittmanns einstigen Co-Piloten im VW GTI. Peter kannte Franz und seine Mentalität nur zu gut und es begann ein psychologisches Spielchen. Eriksson gewann zwei Prüfungen, dann konterte Wittmann und erneut Kenneth. Beim letzten Service kam der Schwede zu Franz und meinte: „Franz, my Gravelcrew told me from a huge water crossing in the next Section, you have to drive very slowly, it`s dangerous, you must stop and look for the best way!” Und Wittmann war tatsächlich kurz nachdenklich, blickte zu Diekmann und erkannte die Absicht. „No Problem Kenneth, I go flat out !“

Da lächelte Eriksson schelmisch und gab sich geschlagen,- Wittmann fuhr noch eine Bestzeit, insgesamt 18 von 36, siegte schlussendlich souverän und blieb weiterhin Prioritätsfahrer. Er feierte in den folgenden Jahren nicht nur Meistertitel sondern auch weitere 15 Siege mit dem Lancia und wurde 1989 zum zweiten Mal Vater, ehe eine neue Ära in seinem Leben begann. Toyota folgte Lancia – aber das ist eine andere Geschichte.

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