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Erinnerungen eines Sportreporters: Der Heinz, die Annemarie und Niki
Fotos: XPB Images, Red Bull

Der Heinz, die Annemarie und Niki

Viele Rallye-Fans kennen Peter Klein als DIE Stimme des Rallyesports im ORF, begonnen hat er seine Karriere unter anderem als Assistent des legendären Heinz Prüller, der am 30. April 2021 seinen 80. Geburtstag feiert.

Peter Klein für den Motorline Paddock Corner

Die Skisaison Anfang März 1973 ging zu Ende als Teddy Podgorski , damals Hauptabteilungsleiter ORF - Sport/Fernsehen, zur großen Saisonsitzung einberufen hatte. Ich hatte mein erstes Lehrjahr in der Redaktion hinter mich gebracht – und schon jede Menge Erfahrungen gesammelt. Dass es zum Beispiel einen großen Unterschied macht, ob man fix angestellt, oder nur kleiner freier Mitarbeiter war und auch, ob man hauptberuflich immer verfügbar war, oder ob die Priorität anderswo lag.

Langzeitgeneralintendant Gerd Bacher war, von den Salzburger Nachrichten kommend, in den 50er und 60er Jahren noch Chefredakteur bei den Tageszeitungen Bildtelegraf und später Express. Er hatte eine Vorliebe für Kollegen der schreibenden Zunft und so kam Prof. Kurt Jeschko von der Presse, später auch Gerhard Zimmer und Peter Elstner vom Express. Michael Kuhn als Sportchef der Kronenzeitung war natürlich ein mächtiger Mann und dann gab es einen, der nun seinen 80. Geburtstag feiern kann: Heinz Prüller.

Natürlich war er mir Begriff, wusste ich, wie er aussieht, aber es war tatsächlich ein knappes Jahr nach dem Eintritt in die Fernseh-Sportredaktion, dass ich diesem Formel-1-Guru gegenüberstand. Ich nickte höflich und sprach „Grüß Gott Herr Prüller“ und er nickte und dachte wohl: schon wieder ein Neuer.

Im gleichen Jahr verstarb Kurt Jeschko, der Chefreporter und Moderator der Montag-Sportsendungen „Telesport“ und „Sport am Montag“. Heinz Prüller stand parat und Michael Kuhn, Sportchef und Prüllers direkter Boss in der Krone, übernahm diesen Part gemeinsam mit Sigi Bergmann. Prüller konzentrierte sich ab sofort nur noch auf Formel 1, den Damenskisport (Annemarie Pröll hatte den selben Stellenwert wie Niki Lauda) und auf Wochenendmoderationen, bei den wöchentlichen Sitzungen war er nur sehr selten anwesend.

Die Jahre zogen ins Land, Annemarie eilte von Sieg zu Sieg und auch Niki Lauda war im Vormarsch, vor allem, als ihm Ferrari eine Vertrag gab. Prüller erzählte von „Enzo“ von Luca di Montezemolo und Mauro Forghieri (weil ihm die Familiennamen so flauschig über die Lippen kamen), verglich den Nürburgring mit der Damenabfahrt von Cortina d`Ampezzo, brüllte uns fassungslos 6 Minuten und 58,4 Sekunden ins Ohr, weil Lauda als erster Mensch die 22,8 km auf dem Nürburgring unter sieben Minuten gefahren war und stöhnte ein „um Gottes Willen“, als Annemarie sich 1975 vom Skisport zurückzog um den Vater zu pflegen und ihre neue Liebe, einen Renault 5 beim Asperner Flugplatzrennen zu steuern. „25 Teilnehmer“, schilderte Prüller aufgeregt „und Annemarie ist Neunte geworden, sie ist also auch im Motorport nicht nur auf Ski ein Genie.“

Aber „La Pröll“, wie man sie mit Hochachtung noch immer bezeichnete obwohl sie längst mit Atomic-Rennbetreuer Herbert Moser verheiratet war, kehrte zurück auf die Piste und so begab sich im März 1978 folgende Geschichte: Damen-Abfahrtstraining und zwei Abfahrten standen in Bad Kleinkirchheim auf dem Programm, ich war als Kommentator-Assistent bei Heinz Prüller eingeteilt. Ich freute mich auf die inzwischen zum Mensch gewordene Legende, war neugierig, wie er seinen normalerweise starken S-Fehler beim Kommentieren überspielte – und wurde bitter enttäuscht. „Guten Morgen Herr Prüller“, sprach ich fröhlich, als er zur Kabine kam.

Mit einer Handvoll Zettel beäugte mich „Mister Formel 1“ und meinte ruhig aber bestimmt: „Ich weiß, Sie sind mein Assi, aber ich will alleine sein, fahren`s zum Start und machen`s dort Interviews, wenn Sie wollen“. Ich war verdattert: „Kann ich Ihnen gar nicht helfen?“ – und er lächelte nur mild. Ich fuhr also hinauf zum Damenstart, suchte den Kamerakollegen im gleichfalls silbernen ORF-Winteranzug und steckte mir verärgert eine Zigarette an. Und dann stand sie plötzlich vor mir, Annemarie im hautengen Rennanzug und meinte: „servas, was mochstn Du do herobn?“ Und ich erzählte vom Geschehen und Annemarie lachte: „jo jo, da Heinz, dea losst kann so schnö zuwi!“ Und gleich hinterher: „wos rauchstn?“ Ich war gerade von Winston auf Rothmans umgestiegen und Annemarie forderte: „rachst ma ane an?“, und schlüpfte aus den dicken Handschuhen.

„Aber Du fahrst doch glei, in fünf, sechs Minuten?“ Sie zuckte die Achseln, „no und?“ Mit staunendem Auge sah ich, wie man eine Rothmans mit goldenem Band unter dem Filter mit sieben Zügen vernichten kann, den letzten davon bereits im Starthaus. Frau Moser-Pröll gewann mit fast schon gewohnt rund drei Sekunden Vorsprung und bei der Siegerehrung freute ich mich schon auf mein Interview mit ihr, als eine lispelnde Stimme sprach: „Nein, nein, das Interview mach schon ich. Und Heinz stürmte zur Siegerin die das alles mitbekommen hatte, blickte von Heinz zu mir und wieder zurück, antwortete zum Sieg, zur Konkurrenz, zur morgigen zweiten Abfahrt, als es geschah: „Zum Schluss noch, Annemarie, wie war der Schnee?“, wollte ein aufgeregter Prüller wissen. Und da lächelte sie selig, zwinkerte mir zu, wiegte den Kopf und antwortete: „weiß!“

Heinz war gar nicht zufrieden und es zogen weitere zehn Jahre ins Land. Inzwischen war Niki nach seinem Unfall zum absoluten Superstar geworden, Gerhard Berger begann bereits erfolgreich im Kreis zu fahren und Annemarie hatte 1980 beschlossen, nach dem Olympiasieg in Lake Placid ihre unglaubliche Karriere zu beenden, 1985 tat dies auch Niki Lauda, ja, ja. 1989 wurde Prüller Hauptabteilungsleiter im ORF-Hörfunk/Sport, schrieb weiter für die Kronenzeitung (Kostenteilung war gefragt) und berichtete laufend über Gerhard Berger, Gerhard Berger, Gerhard Berger. Heinz Prüller, der Mann in allen Gassen, Hörfunk, Fernsehen, aber die Kronenzeitung blieb seine Nummer EINS!

Er schrieb ständig Bücher über den Skisport, über Pröll, Niki „Nationale“, kaum war eine Saison zu Ende erschien schon das Buch die Grand Prix Story von 1971 bis 2019! Ich hatte höchsten Respekt vor diesem Mann, vor seinem Fleiß, seinem persönlichen Engagement, seinem Wissen, aber auch seinen „Hoppalas“ wie zum Beispiel:

„Niki jetzt an zweiter Position, er schiebt sich langsam an den Führenden Alain Prost heran, Niki hat mir noch gestern exklusiv erzählt, dass Prost sein härtester Gegner sein wird und außerdem seinen Kaffee schwarz ohne Zucker trinkt während er, Niki, die Melange bei Attila am liebsten mag und auch im Imperial ausschließlich den selbstgepressten Orangensaft… Niki wird langsamer, Prüllers Stimme hebt sich dramatisch „Niki wird langsamer, der Ferrari rollt aus, brüllt er ins Mikro „um Gottes Willen“ und Regisseur Luki Schmidleitner stöhnte leise: Heinz, des is a Zeitlupenwiederholung ...“

Ich empfehle bei der Gelegenheit dem geneigten Leser auf Youtube Alex Kristan als Heinz Prüller und das Abendprogramm ist gerettet:


Unser letztes Gespräch und das erste Lob von Heinz Prüller gab es im Frühjahr 1990. „Grüß Gott Herr Prüller“, und es folgte ein völlig überraschendes „Grüß Gott Herr Klein“. Wir verharrten beide und Herr Prüller sprach: „ no, von Ihnen hört man ja schönes Sachen, bei jeder Rallye-WM dabei, Millionen Zuschauer, sie sollen ja der Heinz Prüller im Rallyesport sein!“ Ich war echt ein wenig verlegen, aber meinte nicht unbescheiden: „na ja, da fehlen noch ein paar Jahre!“ Und er lächelte breit: „ich habe ihre letzte Safarirallye gesehen, mit der Wahnsinnsschlussmontage! Wie oft habt ihr das gedreht, wo einer nach dem anderen, einmal von rechts, dann von links ins Bild kommt und dazu noch die grandiose Patti Smith mit ‚People have the Power‘“. Nun lächelte ich stolz und sprach: „Ein einziges Mal!“

Das war auch das einzige Mal im Verlauf von mehr als 35 Jahren, dass ein Prüller sprachlos war. „Gratuliere“, stammelte er noch und ich wusste, dass er mich nun beneidet hatte. Heute, am 30. April feiert er seinen 80. Geburtstag. Heinz Prüller, ein Idol über fast fünf Jahrzehnte. Eigenwillig, genial, beinhart und hochempfindlich, geliebt und gehasst. Fleißig wie kein anderer, nicht immer glücklich, aber verliebt in seinen Beruf und für manche ein Vorbild. Er hat vieles genossen und manches versäumt, lebt nun in einem betreuten Pensionistenheim, ist keineswegs gesund, aber immer noch schreibt er an einem Buch und lebt ein wenig in der Vergangenheit.

„Grüß Gott Herr Prüller“, ich wünsche Ihnen nur das Beste, bleiben Sie noch ein wenig, Niki kann warten ...“

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