RALLYE

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Erinnerungen eines Sportreporters
Foto: privat

Gestern - Heute - Morgen: Gestern

ORF-Legende und motorline-Kolumnist Peter Klein blickt im ersten Teil seiner Trilogie „Gestern - Heute - Morgen“ zurück: Wie kam es eigentlich dazu, dass Rallye plötzlich in den Wohnzimmern flimmerte? Hilfreich waren neben engagierten Einzelpersonen in ORF und Wirtschaft vor allem auch international erfolgreiche österreichische Piloten…

Peter Klein für den Motorline Paddock Corner

Im Verlauf von acht Jahrzehnten kann man, wenn man nicht völlig verblendet ist, vom Leben sehr viel lernen. Waren es schon in meinen Kindheitstagen die Musik, das Theater, der Film, Schulfunksendungen und Synchronisationen, die für mich von großem Interesse waren, hatte später „Sport und Musik“ auf Ö3 meine Aufmerksamkeit. Ich war ungeduldig und aufbrausend - aber ehrgeizig genug, um sich gegen viele Widerstände durchzusetzen.

Hinter dem Mikrofon zu sitzen, die Sportsendungen im Radio zu moderieren, stets ruhig und gelassen zu bleiben war mein Ziel. Zugegeben, damals gab es keinen Robert Kratky, der war damals in der Volksschule wie auch Andi Knoll. Damals gab es viele Radiostimmen, die nur den Älteren heute noch ein Begriff sind. Dieter Dorner kam von der Akademie für Darstellende Kunst via Landesstudio Steiermark nach Wien und war Gründungsmitglied von Ö3. Über einige Jahrzehnte waren „the voice“ Ernst Grissemann, Hansi Leitinger, Andre Heller, Rainhard Mildner, Peter Rapp, Gotthard Rieger, Udo Huber, Nora Frey, Peter Knicza oder Brigitte Xander, um nur einige zu nennen, für viele Vorbild.

Als ich dann 1974 auch in der Fernseh-Sportredaktion Fuß fassen konnte, als „der Film“ wieder alltäglich war, gab es auf dem Wiener Küniglberg Mitarbeiter, die weltweit anerkannt waren – und von denen ich sehr viel lernen konnte. Angefangen von Teddy Podgorski über Lucky Schmidtleitner, Sigi Bergmann und Erich Weiss, die Filmemacher Lutz Maurer und Bernd Seidl, die später auch die Sendung „Land der Berge“ gestalteten. Sie alle waren Kollegen, von denen ich, breit gefächert, profitierte. Auch gab es noch die ORF-eigene Technik mit großartigen Kamerateams und keine billigen Fremdproduktionen.

Ich habe das zum besseren Verständnis niedergeschrieben, aber nun zum eigentlichen Thema.

Gestern

Vor mehr als fünfzig Jahren kam ich dann erstmals mit Motorsport in Berührung, in Form von Kurzberichterstattung in der Länge von meist drei Minuten. Damals wurde sogar im Wiener Praterstadion Speedway gefahren, meist aber in Wiener Neustadt. Rallycross faszinierte mich ebenso, vor allem der Müllermeister aus dem Waldviertel, Franz Wurz. Mit VW wurde er erstmals Europameister und zwei Jahre später, 1976 mit einem Lancia ebenso. Namen wie Grünsteidl und Andy Bentza sind wohl heute noch ein Begriff.

Zu diesem Zeitpunkt waren die „Stachl-Zwillinge“ Alfred und Herbert in all diesen Sportarten vorrangig die Berichterstatter für den aktuellen Sport im ORF. Doch mit meinem Wechsel 1977 in die „Sport am Montag“ Redaktion verbesserte sich auch die Qualität meiner Beiträge. In diesem Jahr schaffte Franz Wittmann schier Unmögliches! Beim WM-Lauf in Finnland wurde er mit dem späteren genialen Rallyefilmer Helmut Deimel als Co-Pilot Gesamtsiebenter unter ausschließlich Finnen, Schweden und Norweger in den Top 10.

Und so kam es, dass Hauptabteilungsleiter Teddy Podgorsky nach einem recht gelungenen Beitrag über den Motorcross-Staatsmeister 1978, Heinz Kinigadner den Auftrag gab: „Gebt`s den Klein öfter zum Motorsport und er soll sich auch um den ‚Holztandler‘ aus Hainfeld kümmern.“

Und so sattelte ich von Faust- und Basketball, von Tennis und Schwimmen, Skibob, Rodeln und Volleyball, zu Motor- und Rallycross - und erstmals auch zum Rallyesport.

1979 dann erstmals in Freistadt bei der Jännerrallye, Wittmann gewann natürlich mit seinem Porsche, doch auf Rang Zwei als Co-Pilot des Norwegers Per Engseth mit einer Lada – Rudi Stohl. Auf den Plätzen folgten Haider/Pattermann vor Grünsteidl/Neverla, alles großartige, charismatische Typen, jeder für sich ein Juwel für den begierigen Journalisten. Und als Wittmann auch 1980 die „Jänner“ gewann, diesmal mit Vorderradantrieb im Audi 80, als im „Sport am Montag“ fast 20 Minuten lang davon einem Millionenpublikum berichtet wurde, kontaktierte mich der damalige Pressechef von Porsche Austria. Ein Mann, vor dem ich heute noch den Hut ziehen würde! Amikal, bestimmt und mit einer Handschlagqualität, die man auch noch in den 90ern von einigen Verantwortlichen aus der Industrie erwarten durfte.

Herr Dr. Paul äußerte sich begeistert von der Berichterstattung von der Jännerrallye und wollte wissen, ob man nicht auch einmal von einem Rallye–Weltmeisterschaftslauf, zum Beispiel von der Akropolis-Rallye berichten könnte. Ich schlug dies in der „Sport am Montag“-Sitzung vor und Sigi Bergmann meinte lapidar: „Schee, oba z`teuer, des sprengt unser Budget!“

Ein wenig traurig wollte ich Dr. Paul absagen, doch da meinte er, Porsche Austria übernehme die Kosten für Flüge, Hotel und Leihautos: „Ich habe ein Budget von 40.000 Schilling!“ Ich bestand auf eine schriftliche Einladung an den Hauptabteilungsleiter, Teddy Podgorsky wollte wissen: „Wer mocht`s?“ – nickte gnädig und genehmigte diese Dienstreise nach Athen für einen Redakteur, zwei Kameramänner und einen Tonmeister.

Mit den Vorbereitungen war ich beinahe überfordert: Ein WM-Lauf über mehr als 2.700 Kilometer quer durch Griechenland, 56 Sonderprüfungen auf übelstem Schotter! Es stellten sich Fragen wie: Wo muss ich hin? Wie disponiere ich meine beiden Kamerateams? Wann bekomme ich Interviews? Bei der Startrampe unter der Akropolis sollte ich auch sein - wie ist das alles zu schaffen?

Die Startliste ließ mich verzweifeln: Der erste von sieben Österreichern mit Startnummer 26 Franz Wittmann – der Letzte, Rudi Brandstätter mit Startnummer 163 – und das mit Startintervallen von zwei Minuten!

Ich besprach meine Probleme mit dem Co-Pilot von Rudi Stohl, mit Kurt Mödlhammer. Ich wollte ja alle zumindest einmal herzeigen, plante also vorab gestellte Aufnahmen. Da meinte der „Herr Prokurist“ von ÖAF-Gräf & Stift: „Vor Lagonisi gibt’s eine Schotterstraße am Meer entlang!“

Alle kamen, wir drehten drei Stunden lang in allen möglichen Richtungen, ich bekam meine Interviews und so fuhr ich am 26. Mai 1980 beruhigt zum Start am Fuße der Akropolis.

Aber Neid und Missgunst gab es auch schon 1980. Irgendwie wurde der gesponserte Betrag von Porsche Austria, der für Flüge, Nächtigungen und Leihautos verwendet wurde bekannt und bald schon wurde gemunkelt: „Hobt´s scho ghört? Da Klein hot für die Akropolis 40.000 kassiert…“

Als dann Anfang Juni der fast zwanzig Minuten lange Beitrag im „Sport am Montag“ vor fast eineinhalb Millionen Zusehern gesendet wurde, das Echo enorm und die Sponsoren glücklich waren, war es auch in der Redaktion klar: So was könnte man öfter machen….

Schlagartig wurde der Rallyesport auch in den schreibenden Medien verstärkt wahrgenommen, Fotos waren zu sehen (was die Sponsoren freute) und in den Tageszeitungen wurde wesentlich mehr als nur über die Jännerrallye berichtet. Egal ob Kleine Zeitung, Oberösterreichische und Salzburger Nachrichten, Kurier und vor allem in der Krone und auch im Hörfunk war man geneigt, regelmäßig zu berichten. In jedem Medium gab es einen interessierten Journalisten und ich erinnere mich sehr gerne an die damaligen Kollegen Chris Wikus und „Richie“ Köck, Ad Raufer, Dr. Kuntschik, Hans Hofstätter, Sepp Barwirsch und nicht zuletzt Armin Holenia für Ö3.

Mehr als 25 Jahre war der Rallyesport ein gerne gesehener Gast in den genannten Medien. Ob Stohl sen., Wittmann, Haider oder Fischer. Ob Baumschlager, Hopfer, Göttlicher, Pointinger und zuletzt Manfred Stohl - sie alle und noch viel mehr genossen öffentliche Aufmerksamkeit und Anerkennung. Ich habe alleine im „Sport am Montag“ und in „Drive – das Motormagazin“ von mehr als 150 Rallyes aus aller Welt berichtet. Rallye wurde zum Elixier, sie brachte mich bis nach Australien, Neuseeland, USA, Peking, Afrika und Asien – und ich bin heute noch sehr dankbar, dass ich das, dank toller Leistungen österreichischer Piloten erleben durfte.

Die Erinnerungen sind stets präsent, wie auch die Protagonisten selbst.
Aber das ist eine andere Geschichte…

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