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Erinnerungen eines Sportreporters: Die 1. Rallye von Peter Klein
Fotos: Peter Klein & Rudi Stohl privat

Sun & Snow for Comfort lovers!

Peter Klein berichtete nicht nur weltweit von den verschiedensten Rallyes, er nahm teilweise sogar daran teil! Dieses Mal erzählt er von seinen ersten Einsätzen und atemberaubenden Erlebnissen.

Peter Klein für den Motorline Paddock Corner

Wir waren bei der Halkidikirallye 1982 am Start. Mein Freund Walter Blieberger und ich, Peter Klein, mit taufrischer Lizenz. Die Lada kam aus dem Hause Stohl, hatte stramme 100 PS und sollte uns von Porto Carras nach Saloniki und wieder retour bringen. Aus dem „retour“ wurde aber nichts, weil ich redaktionell nicht feststellen konnte, warum nächtens immer wieder die Scheinwerfer den Dienst versagten. Auch die Leselampe des Co - Piloten verweigerte und damit Herr Blieberger. Er knallte den „Schrieb“ in den russischen Fußraum und meinte durchdacht: „I siech an Dreck, foa auf Sicht!“ Nun schien zwar der Mond in voller Pracht, doch etwa 180 Kilometer vor dem Ziel waren dunkelgraue Wolken gegen meine Weiterfahrt und vermutlich deshalb konnten wir als aktuell 23. den Sieg von Jimmy McRae nicht verhindern.

Die gemachten Erfahrungen stimmten mich jedoch hoffnungsfroh und als mir Rudi Stohl erklärte, dass „meine“ Lada sein Trainingsauto für Indien werden sollte war die Idee geboren. Der Veranstalter in Dehli freute sich über jede Nennung aus dem fernen Europa, gewährte für Transport und Nenngeld Nachlass und so gingen zwei äußerlich idente Ladas an den Start: Rudi Stohl/Reinhard Kaufmann mit der Startnummer 4 sowie Peter Klein/Gerd Schmeja mit Startnummer 35. Unsere Lada war nobel beisammen, mit Dachträger und Alutisch an der rechten Seitentüre,- eine Spezialanfertigung nach Wünschen meines genialen Kameramannes. Er wollte Fahraufnahmen vom Dach aus anfertigen sowie die Kamera fix verankert an der Türe um Überholmanöver hautnahe zu drehen.

So unglaublich dies auch klingen mag, wir taten es dennoch! Start und Ziel in Dehli, rund 4.300 Kilometer waren zu bewältigen und ich hatte auch ein zweites Team mit Chauffeur im Einsatz. Aber zuvor war Stohl noch auf Besichtigung gewesen, erzählte von stotternden Motoren, von Wasserdurchfahrten und einer Familie die ihn und Copilot Kaufmann am Jalori-Pass nahe dem Heiligen See „Sarau Sar“ auf knapp 3.200 Meter Höhe zum indischen Lunch geladen hatte. Die Füße mit Fetzen eingewickelt, ohne Schuhwerk bei offenem Feuer. Im Freien hatte es nur wenige Plusgrade und so schenkte Rudi dem Hausherrn zum Dank einen Anorak.

Im Prinzip gab es acht Sieganwärter, vorrangig in Nissans 240 RS, darunter auch Afrikas Werksfahrer Jayant Shah aus Kenya, Shekhar Mehta war nach den Erfahrungen von 1980 gerne ferngeblieben. Wir hatten vorab wieder ein paar Aufnahmen mit Rudi Stohl in Action gemacht und mein Konzept für den ersten Tag lautete: geile Bilder beim Überholen der Konkurrenten in brustschwachen Ambassadors, Morris Minor und neuen indischen Geländeautos der Marke Mahindra zu machen. Am Tag darauf konnten wir es uns leisten, auf der Etappe zur zweiten Zeitkontrolle vorzufahren und Stohl, der zu diesem Zeitpunkt an dritter Stelle lag, am Start zu drehen und mit Strafzeit zu folgen. Irgendwann bei Einbruch der Dunkelheit trafen wir erstmals das Hauptservice mit dem legendären Mechanikermeister Rolf Schmidt der uns Abenteuerliches erzählte!

Auf dem Weg von einem Servicepunkt zum nächsten winkte ihm ein Inder mit einem Fetzen heftig zu – Rolf winkte freundlich lächelnd zurück. Rund einhundert Meter später das gleiche Bild: einer schwenkte ein Tuch, ein Zweiter reckte begeistert beide Arme – wieder winkte der gute Rolf zurück und dachte: „Die sind heute aber besonders freundlich“, als ein weiterer Inder ihm fast ins Auto sprang. Blitzartig verriss Schmidt den Lada Kombi als fast gleichzeitig ein Riesenknall die Erde beben ließ.

Ein Tritt auf die Bremse, der Wagen rollte noch langsam um die Kurve und plötzlich gab es keine Straße mehr. Das freundliche Winken war ein Warnen vor der Sprengung – die Straße sollte neu gebaut werden… Um zehn Uhr nachts trafen wir einander vor dem gebuchten Hotel in Shimla wieder. „SUN & SNOW for Comfort Lovers“ wurde es gepriesen. Der Hotelmanager hieß uns herzlich willkommen: „for the drivers from the Austian Television we have a room with toilet“, pries er ein Zweibettzimmer an – mir schwante Böses. Ein großer Raum, ein breites Bett mit keineswegs einladender Wäsche, ein Holzschaffel mit kaltem Wasser und einem Kamin ohne Holz bei einer Außentemperatur von sechs Grad.

Irritiert suchte ich das Klosett und fand eine kurze Holztreppe nach oben mit einer laut knarrenden Türe. „toilet“ nickte der Manager begeistert als ich dahinter ein Plumpsklo ohne Spülung vorfand. Konsterniert gingen wir in voller Adjustierung zu Bett und ich dachte noch, wie schlafen die Anderen ohne „toilet“… Ich nehme an, dieses Hotel gibt es heute nicht mehr, aber sollte der geneigte Leser mal nach Shimla kommen und dieses Schild sehen…

Am folgenden Tag gab es in sportlicher Hinsicht keine großartigen Ereignisse. Dass Stohl einen (Safari-) erfahrenen Frank Tundo im Mitsubishi Colt Lancer vom zweiten Gesamtrang verdrängte, schien uns keine Überraschung. Dass ich aber fröhlich eine Wasserdurchfahrt unterschätzte war zwar ärgerlich, aber nach zwei Stunden war die geflutete Lada fast wieder trocken. An der nächsten Zeitkontrolle durften wir die Zeitkarte aber dann doch abgeben, die freundliche Schriftführerin war „very sorry“, aber bei der offenen Rallye durfte ich ohnedies immer wieder auf die Rallyeroute. Ein Blick in die Karte, ein kurzes Überlegen und schon fand ich einen Abschneider der uns fast 300 Kilometer ersparte.

Es ging bergauf zum Jalori-Pass als ich mein zweites Kamerateam am geplanten Drehpunkt stehen sah. Flugs wurde die Dachgalerie abgebaut, die Startnummer weiß abgeklebt, eine Vier darauf gemalt und ich spielte „Stohl am Himalaya“. Zwei Kameras im Anschlag, eine wunderschöne breite Linkskehre auf Schotter, geradezu prädestiniert für eine Superzeitlupe. Vom Fahrer waren ohnedies nur Umrisse zu sehen, aber auch, dass der Co-Pilot fehlte. Also lockte ich den indischen Chauffeur zum Rallyeauto, zeigte ihm den Motor und bat ihn, doch am Beifahrersitz Platz zu nehmen.

Neugierig tat er dies, staunte über den Sicherheitsgurt und bewunderte den Überrollkäfig. Ich saß bereits neben ihm, startete den Motor, ließ ihn aufheulen, hupte laut und sah ein glückliches Grinsen im Gesicht meines neuen Co-Piloten. Dieses verschwand aber rasch, als sich die Lada in Bewegung setzte, einen Kreis fuhr und langsam bergab tuckerte. „How do you feel?“, wollte ich wissen und er nickte unsicher. Zwei Kehren tiefer wendete ich vorsichtig, immerhin ging es rechts steile 1.500 Meter ins Tal, hupte laut als Zeichen für meine beiden Kameramänner und brauste los.

„Sir“ stammelte mein Beifahrer ein wenig atemlos und nach der ersten Kehre ein weiteres „Sir, please!“. Und dann kam sie, breit und einladend, feinster Schotter und mein indischer Freund hatte plötzlich vom Seitenfenster einen freien Blick in die Tiefe. „Sir, I am married, I have six childern, Sir, please, NOOOOOO“ – es war der schönste Drift meines Lebens und ich war sehr stolz auf mich. Mein Co-Pilot schien mich in diesem Moment sehr zu hassen, in seinem Gesicht nur noch Verachtung.

Er quälte sich aus dem Gurt, sprang fast aus der Lada, rannte zu seinem Ambassador in dem er sich einschloss und würdigte mich keines Blickes mehr. Und weil wir die Fahrszene voll ausbauen wollten, dem Fernsehkonsumenten die Aktion noch deutlicher machen wollten, fuhr ich die Strecke noch einmal und so entstand das Foto mit meinem vertrauensvollen Kameramann Gerd Schmeja.

Am Jalori Pass winkte uns ein Inder mit einem ELAN-Anorak begeistert zu, bis ins Tal hatte Stohl seinen Vorsprung auf den Dritten ausgebaut. Im Ziel feierten wir das Duo Stohl/Kaufmann – Rang zwei hinter dem Nissan-Werksfahrer Jayant Shaw war eine großartige Sache. Eine knappe Woche später hatten wir einen geilen Film im „Sport am Montag“ und bei der Redaktionssitzung am darauffolgenden Tag verkündete die Sekretärin 1,7 Millionen Zuschauer. Auch „Mister Sport am Montag“, Sigi Bergmann, war sehr zufrieden und meinte ob der Bilder gnädig: „oba a bissl deppat seid´s scho“…

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