Erinnerungen eines Sportreporters | 22.11.2024
Raimund B. – 65 und kein Bisschen leise
Raimund Baumschlager feiert am Montag seinen 65. Geburtstag - ORF-Reporterlegende und motorline.cc-Kolumnist Peter Klein gratuliert mit einem zweiteiligen Spezialbeitrag.
Auf der Fahrt nach Rosenau am Hengstpass in Oberösterreich habe ich darüber nachgedacht, wann ich Raimund Baumschlager zum ersten Mal registriert hatte, doch es wollte mir nicht einfallen.
Also rief ich meinen Freund Walter B. an und dieser meinte lakonisch: „Des woa bei da Admont“.
Ich war ziemlich überrascht, denn Walter kann sich nur selten an Vergangenes erinnern! „Wieso weißt Du das so genau?", war meine logische Frage. „Mia san in da Nocht in ana SP gstaundn und Du host no gsogt: bist du deppat, dea is jo schnölla ois die Gabi midn Porsche – wea isn des?“.
Ich nahm mir vor, nach meiner Rückkehr vom geplanten Interview mit Raimund, anlässlich seines 65. Geburtstages, diese Aussage zu kontrollieren.
Tatsächlich fand ich dann auf ewrc-results.com : Admontrallye 1984 SP 4 um 20 Uhr – Baumschlager 7.beste Zeit noch vor Edy Schlager, wie Baumschlager im Golf GTI und Gabi Husar mit dem Porsche!
Es war erst die 7. Rallye im dritten Jahr seiner Karriere und am Ende ein 13. Gesamtrang. Tatsächlich bestritt Raimund mehr als 300 Rallyes in 42 Jahren, wurde 14mal Staatsmeister und das ist ein ziemlich einsamer Rekord – nicht nur in Österreich! Begonnen hatte diese unglaubliche Karriere im Juni 1982 in Kirchdorf, Oberösterreich. Sein erstes Rallyeauto war ein Datsun 120 und seine erste Startnummer 49
Im Internet findet man unter dem Titel „Baumschlager – Rallye" seitenweise Informationen. Angefangen bei Wikipedia über unzählige Erfolgsstorys, von seinem schweren Unfall mit Wirbelbruch, von einer Herzoperation, wo ihm Stents gesetzt wurden, bis zu seinem langjährigen Sponsor Didi Mateschitz seit dem Jahr 1989.
Ich hatte mir 15 Fragen zurechtgelegt, ging auf der Fahrt von Windischgarsten nach Rosenau noch einmal alle durch und eine gewisse Vorfreude machte sich in mir breit. Ein elektronisches Plakat auf der Hauptstraße fiel mir sofort auf, ein Actionbild von Raimund im Skoda, man ist sichtlich stolz auf seinen Mitbürger in der Gemeinde, die auf rund 700 Meter Seehöhe liegt. Das Haus Baumschlager passt in die Landschaft, gut bürgerlich, nicht protzig, dennoch macht es einen situierten Eindruck. Raimund öffnet die Eingangstüre und ich freue mich, dass auch seine Gattin im Hause ist. Auch sie kenne ich seit mehr 35 Jahren, aber Elfi wirkt ein wenig distanziert, zu oft war ich mit ihrem Mann auf Konfrontation gewesen.
Ein Urlaubsfoto überlässt sie mir dennoch gerne, das Bild vermittelt vertraute Einigkeit und einen sichtlich ausgeglichenen Rallyefahrer.
Ja, es gab im Verlauf der Jahre einige Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Rallyefahrer Raimund Baumschlager und dem ORF-Reporter Peter Klein. Ich hatte Raimund fast in den Himmel gehoben auf Grund seiner fahrerischen Leistungen, über die ich später noch ausführlich berichten werde, aber es gab auch immer wieder arge Unstimmigkeiten bis zur absoluten Funkstille.
Aber zurück zum Beginn unserer Zusammenarbeit, die in den ersten Jahren eigentlich keine war. Wohl realisierte ich so manch gute Platzierungen von Raimund, der bis Ende 1988 Andreas Wolf als Co-Pilot hatte - aber auch relativ viele Ausfälle, oft mechanischer Natur. Und dann war es der umtriebige Arzt und Hobbypilot aus Lasberg, der sich schon in den frühen 80er Jahren bei den Jännerrallyes als großer Fan, Initiator und Helfer stark bemerkbar gemacht hatte, der das große Talent fördern und auch finanziell unterstützen wollte: Dr. Helmut Czejkal. Er war nicht nur treibende Kraft beim ersten Meisterschaftslauf des Jahres, er war mir auch ein lieber Freund geworden. Und so kam es, dass wir beim EM-Lauf mit Koeffizient 20 bei der Halkidikirallye in Griechenland an den Start gingen, nicht ohne vorher, bei der Verabschiedung vor dem Casino in Baden bei Wien eine Wette abzuschließen: Der Verlierer musste 1.000,- Schilling an das SOS-Kinderdorf überweisen – was ich dann auch tat …..
Dr. Czejkal hatte sehr gute Kontakte zu Porsche Austria und damit auch zu Volkswagen Motorsport. Er organisierte einen Golf II GTI 16 V und schickte das Duo Baumschlager/Wolf als Test zur Int. Varta-Rallye nach Klagenfurt. Es gewann erwartungsgemäß Franz Wittmann im Lancia Delta vor Wilfried Wiedner im Mazda 323, aber schon an dritter Stelle Raimund und damit war das Ticket zum ersten WM-Lauf seiner Karriere gesichert: San Remo im Oktober 1988. Es gab 142 Nennungen, 50 Prozent Ausfälle und im Ziel einen sensationellen achten Gesamtrang – vor ihm ausschließlich Werkspiloten! In Salzburg und Wolfsburg war man begeistert und in den kommenden vier Jahre war der Golf das neue Arbeitsgerät und Ruben Zeltner der neue Co-Pilot. Zwar gab es beim nächsten WM-Lauf in Portugal 1989 einen Ausfall, doch nach zehn Sonderprüfungen lag das Duo Baumschlager/Zeltner an achter Stelle, noch vor Georg Fischer im Quattro 200 – aber es folgten fast ausschließlich Top-Ergebnisse und auch die ersten Gesamtsiege in Österreich und der Tschechoslowakei. Baumschlager feierte seinen ersten Vize – Meistertitel, Dr. Czejkal trieb das Engagement mit VW weiter voran und so kam es 1990 zum legendären Einsatz beim WM-Lauf auf Korsika. Für die Österreicher gab es unter 94 Nennungen die Startnummer 11 noch vor Leuten wie Jean Ragnotti im Renault oder Francois Delecour mit Peugeot – doch fast wäre es nie zum sensationellen Endergebnis gekommen! Erst streikte der Motor im Trainingsauto, dann gab das Rallyeauto bei der letzten Testfahrt am Tag vor dem Start den Geist auf. Und wieder einmal waren es Mechaniker, die Unmögliches möglich machten! Friedl Hainz zerlegte beide Motoren und baute bis in die frühen Morgenstunden einen neuen Motor in den Golf – eine unfassbare Leistung.
Nach der neuerlichen Abnahme fuhr Raimund vermutlich die Rallye seines Lebens, aber ganz sicher einen WM-Lauf, der seine tolle Karriere bestimmen sollte. Angetrieben von Co-Pilot Ruben Zeltner brachte schon der erste Tag einen neunten Gesamtrang und nach weiteren neun Sonderprüfungen am zweiten Tag Platz sechs – und der Motor hielt! Am Ende der dritten Etappe eine weitere Rangverbesserung - und diesen fünften Gesamtrang verteidigte das Duo Baumschlager/Zeltner auch am letzten Tag bis ins Ziel nach Ajaccio.
Und natürlich berichteten wir auch im ORF in der Sendung „Sport am Montag“ von diesen großartigen Leistungen, die nahtlos an die Erfolge von Wittmann, Haider, Wiedner, Stohl und Fischer anschließen konnten.
Wie es in der Karriere von Raimund Baumschlager weiter ging, wie auf Schatten wieder Sonne kam und aus Meinungsverschiedenheiten wieder Gesprächsbereitschaft, erzähle ich euch in ein paar Tagen.